Hobbits gefasst! Werden sie jetzt sesshaft?

Hobbit gefasstLocation: Coromandel / Nord-Insel Neuseelands
Wetter: es hat geregnet und wir hoffen auf Besserung
Zeitunterschied: + 12 Stunden

Ja, Neuseeland…die Neugier hat uns hierher verschlagen. Wenn man im kalten Europa von Neuseeland hört, hat man sogleich bestimmte Assoziationen. Viele verbinden Neuseeland mit einer fernen grünen Inselkette, unberührter Natur, Abenteuer und Hobbits. Ein unbekanntes Land am anderen Ende der Welt, was die Entdeckerlust bei einem weckt.

Neuseeland ist ein geographisch isolierter Inselstaat im südlichen Pazifik und Heimat von 4,3 Mio. Einwohnern, die sich hauptsächlich aus Bewohnern europäischer Abstammung, den polynesisch-stämmigen Maoris sowie Asiaten zusammensetzen. Es besteht aus einer Nord- und Südinsel sowie kleineren Inseln im Pazifik. Die Hauptwirtschaftszweige beschränken sich auf Land- und Forstwirtschaft, Nahrungsmittelherstellung und den Tourismus, welcher in den letzten Jahren – nicht nur mit Veröffentlichung des Kinoklassikers „Herr der Ringe“ erheblich zunimmt. Mehr als 2 Mio. Reisende besuchen jedes Jahr dieses in Tourismuskreisen geltende unberührte, äußerst vielfältige Land. Die meisten von ihnen bereisen Neuseeland mit dem Camper oder PKW.

Vor knapp vier Wochen sind wir nun hier gestartet und haben zwischenzeitlich die Nord- sowie Südinsel besucht. In Auckland – Neuseelands größter Stadt – gelandet, hielten wir relativ schnell Ausschau nach einem fahrbaren Untersatz. Da wir nicht planten, länger als 3 Monate im Land zu bleiben, lohnte sich die Anschaffung eines Vehikels kaum. Doch auch die Mietpreise für einen Campervan o.ä. überstiegen bei Weitem unser Backpackerbudget. Schon auf den Cook-Insel haben wir von verschiedenen Seiten vernommen, dass Neuseeland zwischenzeitlich recht teuer geworden sei. Aber was wir vor Ort dann live erlebten, hatten wir weniger erwartet. Eine aufstrebende Wirtschaft und ein recht ungüstiger Währungskurs noch dazu steigende Tourismuszahlen im Mittel- und Hochpreissegment hatten uns den Start in NZ (wie es alle nennen) erstmal gründlich versalzen. Nein, unser mühsam erspartes Budget wollten wir nicht so einfach für einen fahrbaren Untersatz aus dem Fenster werfen. Also hielten wir weiter Ausschau und fanden recht schnell gute „Beschäftigungsmöglichkeiten“ als Relocation Driver – Reisende, die Fahrzeuge von A nach B überführen. Gesagt, getan. Wir flogen also erstmal auf die Südinsel nach Christchurch und… und… und fanden uns im hiesigen Jailhouse (Gefägnis) wieder. Nein keine Sorge, wir haben nichts ausgefressen oder angestellt 🙂 Das Jailhouse ist ein ehemaliges Gefägnis, welches heute als recht noble Hostelunterkunft fungiert. Wir wollten uns einfach mal eine Doppelzimmer-Zelle gönnen und sind gleich für ein paar Tage eingezogen. Es war nett, sehr nett und echt abenteuerlich. Schnell konnten wir auch eins der heißbegehrten Relocations Cars ergattern und erhielten unseren ersten Wagen, den wir von Christchurch zurück nach Auckland überführen sollten. Also packten wir unsere 7 Sachen in unseren PKW und fuhren in Richtung Westküste auf der Südinsel. Von dort führte uns unser Weg in den Abel Tasman Park, nach Nelson und in die Malborough Sounds…alles tolle Gegenden an der Nordküste der Südinsel. Von Picton nahmen wir die Fähre in die Hauptstadt Wellington und von da die schnellste Route Richtung Auckland. Die Nächte verbrachten wir auf urigen Campingplätzen in unserem Zelt und stellten auf Selbstversorgung um. Schnell fanden wir auch unser zweites Relocation Car, das wir mit Abgabe des alten sofort wieder in Auckland in Empfang genommen haben. Einen nagelneuen Camper mit dem wir bis in den Süden der Südinsel zum ‚Abenteuerspielplatz‘ nach Queenstown gefahren sind. Hier wurde das legendäre Bungeejumping erfunden. Entlang an der Ostküste der Nordinsel, wieder über Welligton und mit der Fähre nach Picton fuhren wir vorbei an unzähligem Farmland, mit Farn bedeckten Wäldern und schönen Küsten. Im südlichen Wanaka machten wir Halt, um uns die Heimatstadt von Chris, einem Neuseeländer den wir in Costa Rica getroffen hatten, anzuschauen. Es war nett. Im nicht weitentfernten Queenstown gaben wir unseren Camper unversehrt ab und fuhren mit einem neuen Wagen weiter nach Christchurch, denn hier wartete bereits ein neuer Camper auf uns. Diesen mieteten wir uns zusätzlich ein paar Tage länger, sodass wir nun ein wenig entspannter und mit mehr Zeit über die beiden Inseln reisen konnten. Denn im Durchschnitt hatten wir für die Überführungen nur jeweils 5 bis  7 Tage  Zeit und legten dabei jeweils ca. 1.800 km zurück. Ja, wir kamen echt mal wieder ins Schwitzen, arbeiteten und hatten eine Aufgabe. Nun mit unserem letzten Camper gingen wir es erstmal ruhiger an, besuchten die Gegenden im Norden der Südinsel, die uns bisher am besten gefallen hatten und ließen uns auf schönen Campingplätzen wiedermal die Sonne auf den Bauch scheinen, schlenderten durch Nelson, wanderten im Abel Tasman Park und genossen die wunderbare Aussicht vom Queen Charlotte Drive, einer wunderbaren alten Küstenstraße mit Blick auf die Malborough  Sounds – einer herrlichen Fjordlandschaft. In Wellington trafen wir uns dann endlich mit Kim, einer neuen Freundin die wir vor knapp 6 Monaten in Guatemala kennenlernten. Gemeinsam schlenderten wir durch die Stadt, tranken ein Feierabendbier mit all den anderen Hauptstädtern und konnten endlich einiges Interessantes über das Leben der Neuseeländer hier am anderen Ende der Welt von Kim erfahren. In Auckland nahmen wir recht schmerzvoll Abschied von unserem geliebten „Hoppel“, wie wir unseren Camper liebevoll nannten. Das liegt wohl an den vielen Hasen, die wir unterwegs überfahren haben. Nein, es war wirklich nur einer…und der war natürlich selbst schuld 🙁
Nun reisen wir noch ein wenig entlang der Strände im Norden NZs und sind wieder auf PKW und Zelt angewiesen. Schon ein wenig umständlich nach all dem Luxus im Camper, noch dazu weil es derzeit auch im weit entfernten Neuseeland regnet. So weichen wir auf die in NZ üblichen Cabins (1 Doppelbett, 1 Stuhl, aber ein richtiges Dach überm Kopf) auf Campingplätzen aus und lassen die vergangenen 4 Wochen Revue passieren.

Neuseeland ist anders als wir es uns vorgestellt hatten. Hier findet man wirklich unberührte Natur und Einsamkeit, wunderschöne Landschaften, freundliche Menschen, aber keine Hobbits. Spaß beiseite. Aber aus unserer Sicht fehlt diesem Neuseeland das „gewisse Etwas“. Aufgrund der sich stark entwickelten Tourismusindustrie ist dieses Land von jedermann auf einfachste Art zu bereisen. Während Neuseeland von Backpackern und Individualtouristen entdeckt wurde, tummeln sich heute zunehmend gut situierte „Individualreisende“ hier. Es fehlt der spezielle Reiz des Entdeckens, vielleicht auch weil man während der Reise kaum mit jemanden ins Gespräch kommt und durch die Informationsflut der Tourismusbüros buchstäblich erschlagen wird. Bei unserer Ankunft in Auckland fanden wir uns in einem typischen I-Site-Tourismusbüro wieder, das sage und schreibe sicher mehrere 100 Broschüren anbietet. Wir verließen das Büro mit knapp 2 kg Infomaterial, das uns jedoch überforderte – denn schlussendlich wussten wir überhaupt nicht mehr was wir machen wollten und sollten. Diese Art von Information gibt es an jedem noch so kleinen Ort. Und überhaupt wird hier aus allem ein Touristenmagnet gezaubert. Auch wir besuchten z.B. die vielangepriesenen, phantastischen Hanmer Springs (Thermalbäder). Wir freuten uns über eine moderate Eintrittsgebühr, stellten aber schnell fest, dass nur 8 der 12 Pools überhaupt nutzbar waren. Wirkliches Erholungsfeeling kam bei den vielen umherspringenden Bauarbeitern, den fehlenden Ruheliegen oder überhaupt Relaxzonen sowie den Restriktionen leider nicht auf. Thomas ist z.B. vom Bademeister in der Therme angezählt worden, weil er beim Eintauchen in das Becken ganz kurz seinen Kopf unter Wasser gehalten hat, um seine wirklich langen Haare zu wässern. Danach stand er unter verschärfter Beobachtung 🙂
Wer erwartet bei seinem Neuseelandurlaub an schönen Stränden zu entspannen, wird sicher enttäuscht. Wenn der Strand dann mal schön und gemütlich erscheint, tummeln sich dort sicher unzählige, beißende Sandfliegen. Wirklich tolle Strände fanden wir bisher nur ganz im Norden oder im Abel Tasman Park. Den südlichsten Teil Neuseelands können wir generell nicht beurteilen, da es uns nicht bis dorthin getragen hat. Es soll sehr schön sein, allerdings hörten wir von vielen, vielen Sandfliegen.
Neuseeland ist wirklich ein wunderbares Land und für Naturinteressierte eine Reise wert.
Uns fehlte hier jedoch der Spirit des Entdeckens und der ursprüngliche Adventuregeist, den wir erwartet hatten. (also wir werden nicht sesshaft)

Für uns geht es nun in 3 Tagen weiter nach Samoa, wo wir die Weihnachtsfeiertage verbringen und unsere Füße mal wieder ins pazifische Nass halten werden. Wir wünschen all unseren Lesern und Reisebegleitern noch eine schöne restliche Adventszeit und besinnliche Feiertage.

Eure zwei Traveller
Angie und Thomas

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