Nicht immer grün

Location: Kuala Lumpur
Zeitunterschied: + 6 Std.
Wetter: schwül und heiß

Nachdem wir Hansi und Evi am Flughafen in Singapur verabschiedet hatten, sollte es auch für uns auf dem Landweg in Richtung Bangkok weitergehen. Zunächst verbrachten wir aber die Nacht auf dem viel gelobten Changi-Airport, bevor es am nächsten Tag nach Malaysia weiterging.

Recht optimistisch starteten wir die Schlafplatzsuche in einem der komfortabelsten  Airports der Welt, immer mit den Suchkriterien „ruhige Liegefläche mit Steckdose“ im Hinterkopf. Von nun an könnte ich auch über ein Nähwerkzeug und den dazugehörigen Heuhaufen schreiben, wären wir nicht noch am Starbucks im Terminal 2 vorbeigekommen, seines Zeichens der einzige öffentlich zugängliche Bereich, der all diese Kriterien in sich vereint, vor allem die Steckdose. Das gelobte „Changi-Schlummerland“ beginnt nämlich leider erst im Transitbereich. Da saßen wir nun und kauten am grünen Strohhalm unseres Schoko-Shakes, luden die PC’s und genossen halb schlaftrunken das Bild der vorbeiziehenden Reisenden. Als Mitglieder der „Generation Anstand“ empfanden wir den Kauf als zwingend notwendig, um wenigstens ein kleinen Obolus für die Begleichung des Ladevorganges zu leisten. Später schaffte es Angie auch noch ein bisschen auf der roten Kunstledercouch zu schlafen, hingegen ich kein Auge zubekam und ein wenig mit den hiesigen Straßenkids quatschte, die die frei zugängliche Stromquelle ebenfalls kannten.

Gezeichnet von der letzten Nacht traten wir nach Katzenwäsche und Frühstück die Weiterreise an. Wie immer ging es mit dem Bus rüber nach Johor Bahru, auf die malaysische Seite, von wo aus wir eigentlich einen Bus direkt nach Melaka nehmen wollten. Leider kamen wir dort etwas zu spät an, sodass unsere Wunschkombination aus „schnell und günstig“ nicht mehr greifbar war. Notgedrungen schwenkten wir um und entschieden uns für den Zug nach Kuala Lumpur. Wiedermal hieß das warten für uns, diesmal gut zehn Stunden. Und richtig…, wir saßen wieder auf einer roten Kunstledercouch, hatten den grünen Trinkhalm im Mund und zu unseren Füßen befand sich eine Steckdose.

Die knapp 7 Stunden Zugfahrt mit eigenem Bett kamen uns nach anderthalb Tagen ohne, wie gelegen. Das gleichmäßige Ruckeln wog uns in den Schlaf der Gerechten, den wir uns als zahlende Stromkunden redlich verdient hatten. Einzig eine Dusche am Morgen in Kuala Lumpur hätte unser Glück noch komplettieren können. Stattdessen probierten wir mal den nächsten Vertreter amerikanischer Systemgastronomie aus, wenn auch ohne „Saftanschluss“. Obwohl wir immer skeptisch sind, wenn die Farbe nicht mit dem dazugehörigen Nahrungsmittel korrespondiert, die Donuts schmeckten echt gut. Obendrauf gab es auch noch eine gute und günstige Röstung, womit wir wiedermal hier in Asien beim Heuhaufen angekommen wären. Ein paar Stündchen später war es dann aber auch soweit, Melaka und die wohlverdiente Hosteldusche waren erreicht.

Melaka, irgendwie muss ich mit den Worten ringen, wenn ich über diese Stadt an der gleichnamigen Wasserstraße schreiben muss. Fangen wir vielleicht mit dem Positiven an. In der Nähe des Stadtzentrums gibt es ein nettes indisches Restaurant. Weiterhin, und das hat wirklich was zu heißen, fand Angie endlich eine neue kostengünstige Reiseuhr ihres Geschmacks am Busbahnhof. Das war‘s dann aber auch. Eigentlich reiht sich Melaka nahtlos in unsere allgemeine malaysische Enttäuschung ein, die bereits ein paar Jahre besteht. Die Altstadt, der touristische Höhepunkt und seines Zeichens UNESCO Weltkulturerbe, ist ein chinesischer Kommerzabklatsch in einer leblosen Hülle alter Kolonialbauten, wo zu überteuerten Preisen jeglicher Ramsch vertrieben wird, den kein Mensch wirklich braucht. Die Restaurants der Gegend passen sich diesem Niveau an und bieten das, was die vorbeihetzenden Zungen zwischen Besichtigungstortur und Tür und Angel auf die Schnelle verdrücken können. Ein schöner Platz für asiatische Sozialstudien mit ganz hohem Nervfaktor. Wir ziehen weiter und fahren zurück nach Kuala Lumpur, wo wir noch einen weiteren Tag vergeuden müssen. Malaysias Hauptstadt ist ein gutes Beispiel für den Slogan: „Etwas zwischen nichts und gar nichts“, den ich gern mal zum Besten bringe. Bis auf die in die Wolken ragenden „Petronas Tower“ ist die Stadt eine einzige Pflickschusterei zwischen hypermodern und heruntergekommen. Ebenso verhält es sich hier mit der Atmosphäre – irgendwie nicht definierbar. Was ich zumindest einordnen konnte, waren die kleinen Plagegeister in meinem Bett. Unterklasse: Fluginsekt – Art: Menschenfloh. Nicht grün, sonder klein, bissig und rot.

Vier Stunden später als geplant begann unsere Weiterreise vom innerstädtischen Busbahnhof in KL in Richtung Thailand. In dieser Nacht griffen wir scheinbar auch diesbezüglich ins Klo. Hinzu kamen noch Massen an Kakerlaken im Bus und ein Busfahrer mit Kamikaze-Ausbildung. Für uns zu viel. In den Bergen ging’s mit 125 km bergab, wobei in den Kurven noch der ein oder andere LKW überholt wurde. Da war doch was… genau die legendäre Busfahrt in Ecuador von Cuenca zur peruanische Grenze, als ein Wahnsinniger gleichen Kalibers es schaffte auf zwei Rädern bergab zu fahren. Unsere lautstarken Proteste wurden mit einem Lächeln quittiert. Der rechte Fuß blieb steif auf dem Pedal. Wie soll man diesen Menschen nur beibringen, dass da keine Jungfrauen am Ende des Tunnels warten?

Mit dem Sonnenaufgang hellte sich auch unsere Laune wieder auf, hatten wir doch endlich Thailand erreicht. Von hier aus waren es nur noch 20 Stunden gemütlicher Zugfahrt, bevor wir wieder in unser geliebtes Bangkok eintauchen konnten. Bis zur Abfahrt des Zuges hatten wir noch einige Stunden Zeit und so begaben wir uns wieder auf die Suche nach einer Steckdose mit angeschlossenem Cateringservice. Dieses Mal war der Trinkhalm nicht grün sondern rot-weiß und es roch nach Buletten.

Ganz liebe Grüße von euren beiden Weltreisenden

Angie & Thomas

 

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