Indische Verhältnisse

Location: Dubai
Wetter: angenehm warm
Zeitunterschied: + 3 Std.

Es gibt gelegentlich Momente im Leben die einen an den Rand der Verzweiflung bringen. Egal was man sich auch vornimmt, alles endet mit dem Griff ins „Ideal Standardbecken“. Erwartungshaltungen spielen in solchen Fällen eine große Rolle, schürten sie doch zuvor Fantasien, die uns nun im richtigen Leben nicht annähernd mehr begegnen wollen. Das Wort vom Alptraum macht die Runde. Wo befindet sich nur der Ausweg aus diesem Teufelskreis?

Die Hauptstraße im indischen Grenzort „Sunauli“ kennt keine ruhige Minute. Tag und Nacht quält sich der gesamte Grenzverkehr von und nach Nepal über diese schmale Verkehrsader und hüllt dabei alles in der Umgebung mit einem unansehnlichen Staubteppich ein. Unsere Augen scannen die Gegend nach einem Platz zum Verschnaufen ab. Sekunden später realisieren wir ernüchternd das Ergebnis und stellen die Suche ein. Ein Gefühl des Unbehagens breitet sich in uns aus. Wir chartern ein Sammeltaxi und hoffen auf Besserung in der nächsten Stadt Gorakhpur.

Mit der Ankunft in Gorakhpur hatten wir vor unserem geistigen Auge schon die Tickets für die sofortige Weiterreise gekauft. Wir hatten in unserem Leben zuvor noch keinen ekelhafteren Platz gesehen und so ist es auch keine Beleidigung, sondern nur die Darstellung der Realität, wenn wir dieses Dreckloch beim Namen nennen – „Müllkippe mit Verkehrsstau“. Es kostet schon einiges an Überwindung, sich hier zu bewegen. Der Bahnhof, in dessen Nähe wir abgesetzt worden waren, stellte sich als Zumutung der übelsten Sorte heraus. Keine Ecke wo nicht großflächige braune Flecken die Wände säumten und sich der dazugehörige Gestank breit machte. Auf dem gesamten Gelände lagen oder besser vegetierten Menschen auf dem Boden und warteten auf ihre Züge. Dazwischen spazierten Kühe umher, immer auf der Suche nach irgendetwas Fressbarem und nie um einen Haufen verlegen. Nach einer Weile hatten wir im Außenbereich ein Plätzchen gefunden, wo wir wenigstens unsere Rucksäcke abstellen konnten. Geld holen und weg von hier, mehr Wünsche hatten wir in diesem Moment nicht. Man verzeihe mir den Sarkasmus, aber ich kann nicht anders, denn Indien Fans können so etwas erklären und verständlich machen. Schlagworte wie „spannend“, „im wahren Leben angekommen“, „Kultur und Religion“ und ähnliches fallen dann immer wieder, um die Zustände zu deuten. Mit der gleichen Hingabe könnte man auch auf einer deutschen Müllkippe zelten gehen, um im Kaffeesatz von Frau Müller Hinweise auf die Einzigartigkeit der deutschen Röstung zu suchen.

Beim Blick über das Bahnhofsgelände erkannten wir sie wieder. Die beiden südkoreanischen Mädels saßen schon am Morgen im Bus zur Grenze und später auch im gleichen Sammeltaxi wie wir. Hilflosigkeit stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Sie erzählten uns, dass sie keinen Reiseführer haben, die Hotels in der Stadt absolut eklig seien und eine der Beiden gerade in ein Loch mit der übelsten Brühe gestürzt sei. Nun wollen sie nur noch weg von hier. Vier Blöde – ein Gedanke. Ok, wir fahren weiter nach Varanasi – übrigens ein Witz, den nur Menschen verstehen, die schon beide Städte gesehen haben. Minuten später saßen wir auf zwei Rikschas und ließen uns zum Busbahnhof radeln. Was nun folgte waren gut 7 Stunden Rüttelplatte, was weniger am 30-Jahre alten Bus als an der „Straße“ unter uns lag. Angie war sogar so müde, dass sie es schaffte einzunicken. Als sie aufwachte, sah sie mich völlig verschreckt und schlaftrunken an und frug mich, ob wir noch leben würden. Ich konnte sie zum Glück beruhigen – „ja Angie, noch leben wir“. Gegen halb vier am Morgen erreichten wir Varanasi, eine eher suboptimale Zeit, um in diesem Ort anzukommen. Doch wir hatten Glück. Aufgepasst – „ein für indische Verhältnisse ehrlicher Rikschafahrer“ brachte uns für 60 Rupien (0,87€) vom Bahnhof bis zur Altstadt und erklärte uns auch noch die letzten Meter zu unserem Hotel. Irgendwie verfehlten wir aber doch den richtigen Weg in den engen Gassen und benötigten geschlagene 45 Minuten bis wir unsere Herberge endlich gefunden hatten. Da so früh am Morgen natürlich noch niemand auf uns wartete, öffneten wir die Türen selbst und machten es uns auf der Dachterrasse erst mal bequem.

Varanasi – die heiligste Stadt im hinduistischen Glauben. Jeder Hindu möchte hier im Ganges baden und sich rein waschen, und wenn es das Schicksal gut mit ihm meint, darf er auch hier sterben. Nur so hat er die Möglichkeit den Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt mit einer Verbrennung an den Ufern des Ganges zu durchbrechen. Spötter meinen, die Hindus wollen so eine Wiedergeburt als indischer Müllmann im nächsten Leben verhindern.
Den größten touristischen Bekanntheitsgrad in Varanasi haben die unzähligen „Ghats“ am heiligen Fluss „Ganges“. Dabei handelt es sich um große Treppenabschnitte die zum Fluss hinunter führen. Der Großteil der „Ghats“ dient den Hindus als religiöser Waschplatz. Für die Verbrennungs-zeremonien stehen drei separate Bereiche zur Verfügen. Dort werden dann täglich zwischen 200-300 Menschen auf Scheiterhaufen verbrannt und die sterblichen Überreste dem Ganges übergeben. Schon die reinen Fakten lassen erahnen wie es an den Verbrennungsghats zugeht. Vor allem das „Manikarnika Ghat“, der Hauptverbrennungsort inmitten der Altstadt, zeigt anschaulich wie dicht hier Leben und Tod beieinander liegen. Die Zustände an dieser Verbrennungsstätte sind gelinde gesagt recht gewöhnungsbedürftig. Aufgrund der vielen Verbrennungen täglich türmen sich an der Wasserlinie Berge von Asche mit den menschlichen Überresten sowie Opfergaben. Meine Mitreisende wurde bei diesem Anblick steingrau vor Ekel und äußerte nur noch den Wunsch den Ort verlassen zu können. Auch in den engen Gassen der Altstadt wollte sich kein Wohlbefinden einstellen. Alle Sinne schlugen im Extrembereich an. Auf Barren wurden die Leichen an uns vorbei zum Fluss getragen, der Gestank von verbranntem menschlichem Fleisch mischte sich mit dem von Kot und Urinrückständen. Etwas weiter kam dann der Geruch aus diversen kleinen Garküchen hinzu, sodass unsere Nasen nicht mehr wussten wo vorn und hinten war. Nach zwei Stunden hatten wir genug. Zurück zu unserer Oase, zurück ins Hotel. Am nächsten Morgen charterten wir ein Boot und schauten uns die gesamte Szenerie nochmals vom Fluss aus an. Von hier hatten wir einen guten Überblick auf die einzelnen „Ghats“. Einzig die zwei im Wasser treibenden Kinderleichen schmälerten das Erlebnis. Diese und schwangere Frauen werden nämlich nicht verbrannt, sondern in Leinentücher eingewickelt in den Ganges geworfen.

Was gibt es sonst noch aus Varanasi zu berichten. Fans dieser Stadt werden sicherlich jede Menge Tempel und Oasen der Selbstfindung sowie sonstige spirituellen Orte anführen. Da wir für uns wissen wer wir sind und was wir wollen, brauchten wir keinen Gesangstherapeuten bemühen, der aus uns das hohe Lied des „Ohhhmm“ herausquetscht. Varanasi ist für uns ein Ort den man sich genau einmal anschauen kann. Er ist sehr religiös und das ist auch das Interessante an dieser Stadt. Der Rest ist eklig, dreckig und staubig – kein Ort wo auch nur die geringste Wohlfühlatmosphäre aufkommen kann. Vielleicht zum Abschluss nochmal der Blick auf den Bahnhof. Auf dem Weg dorthin erlebten wir zunächst wieder einmal, wie man uns in Indien wahrnimmt. Wir nahmen uns ein Tuk-Tuk (dreirädriges motorisiertes Gefährt), um zum Bahnhof zu gelangen. Drei Inder sahen dies und sprangen mit auf. Schon unterwegs stellten wir klar, dass der Fahrpreis nun durch fünf Personen geteilt wird. Alle nickten lächelnd. Am Bahnhof gaben die Inder dem Fahrer ihren Teil des Fahrpreises. Wir sahen aber wie dieser ihnen das Geld wieder zurückgab. Im Anschluss verlangte er von uns die 70 Rupien Gesamtfahrpreis. Die Diskussion war dann kurz und schmerzvoll für den Fahrer, den er fiel sprichwörtlich in die Grube, die er für uns ausgehoben hatte. 28 Rupie, mehr gab`s nicht. Da der Rest nicht bezahlt hatte, war es am Ende eine Fahrt ohne Mehrwert aber mit Lerneffekt. Wir merken dazu an, dass es uns ums Prinzip geht und wir nicht einsehen jeden Tag übervorteilt zu werden, besonders in Indien, wo dies scheinbar zum guten Ton gehört.
Der Bahnhof von Varanasi steht dem von Gorakhpur in nichts nach. Das schönste Bild was uns in Erinnerung bleiben wird, war folgendes: Eine Frau in ihrem schönen Sari sitzt zwischen den Gleisen unterhalb des Bahnsteigs und verrichtet ein großes Geschäft. Auf dem Bahnsteig läuft eine Kuh entlang und schnuppert in den Ecken nach Fressbaren. Eine Horde Affen tollt im Gebälk des Daches. Auf dem Bahnsteig gegenüber stehen zwei ältere Affen hintereinander und vollziehen den Geschlechtsakt. Das Rascheln hinter uns kommt von einer furchtlosen Ratte, die sich gerade etwas zu essen aus einer Plastiktüte geangelt hat. Wie immer haben es sich überall Menschen auf dem Boden bequem gemacht und warten auf die Züge. Was gibt es Schöneres als dieser „Garten Eden“.

Die Zugfahrt nach Delhi war eine wirkliche Erholung für uns, hatten wir doch Tickets für die recht komfortable 2- Tier Klasse (4-Bett Abteil) bekommen. Mit zwei Stunden Verspätung erreichten wir Delhi, die Hauptstadt Indiens. Unsere Reise hierher hatte wirklich nur einen Grund. Wir wollten unsere Visa für den Iran abholen. Ja richtig gehört. Wir werden der „Achse des Bösen“ einen Besuch abstatten.;) Die Beantragung des Visum ist zwar ein wenig langwierig, aber ansonsten unproblematisch: Bis auf eine „Riesenhürde“, die eingebaut wurde. Als Deutscher muss man seine beglaubigten Fingerabdrücke auf einem Papierbogen vorlegen. Das eigentliche Problem dabei stellt die indische Bürokratie dar. Wir begaben uns zum Justizgelände in Delhi – dem „Patiala Court“. Nach einigem Suchen fanden wir den zuständigen Beamten der Fingerabdrücke abnehmen kann und dies auch bestätigen darf. Eigentlich müsste dieser Mensch ohne Gegenleistung seine Arbeit verrichten, erhält er doch seinen gerechten Lohn von der Regierung. So etwas gibt es aber bei indischen Beamten nicht. Auf unsere Frage nach den Fingerabdrücken antwortete er uns, dass 3.000 Rupien dabei sehr hilfreich sein würden, was etwa 43 Euro entsprechen. Wir lehnten es natürlich ab, diesen Preis zu bezahlen und frugen erst mal nach, ob Herr Officer heute Morgen die falschen Drogen genommen hatte. Diskussion zwecklos, der Herr verweigerte die Arbeit. Wir begaben uns auf die Suche nach seinem Chef, den wir auch fanden. Dieser nahm uns an die Hand und wir erschienen erneut beim seinem Mitarbeiter. Es wurde laut – an der Forderung änderte sich aber nichts. Der Chef zuckte mit den Schultern und wir standen wieder allein da. Was nun? Unsere letzte Rettung war einer der vielen Rechtsanwälte, die ihre Büros ebenfalls auf dem Gelände haben. Komischerweise funktionierte nun alles schnell und unproblematisch. Wir bezahlten 1.000 Rupien und standen fünf Minuten später wieder beim gleichen Herrn im Büro. Er war jetzt freundlich, nahm uns die Fingerabdrücke ab und 10 Minuten später war die Sache erledigt??? Die letzte Hürde war genommen. Am Nachmittag erhielten wir dann den Lohn für unsere Mühen – die Pässe mit den Visa für den Iran.

Danach endete aber unsere kurze Glückssträhne. Am Abend bekam zunächst ich und einen Tag später Angie die Röteln (eine spätere Untersuchung ergab dann, dass wir uns Chikungunyafieber geholt hatten). Diese fesselten uns erstmal ans Bett. Bei der Rückrechnung der Inkubationszeit stellten wir fest, dass wir uns höchstwahrscheinlich beim Besuch des nepalesischen Bergdorfes Kumari bei irgendjemand angesteckt haben müssen. Da kann man nichts machen, das passiert halt mal. Die netten Jungs in unserem Hotel boten uns zwar an einen Arzt zu holen, wir beließen es aber bei der Einnahme von Paracetamol. Nachdem wir sechs Tage später wieder reisetauglich waren, konnten wir uns auf den Weg nach Agra machen. Kein Mensch auf dieser Welt kann mit Agra etwas anfangen, wenn man nicht „Taj Mahal“ hinzufügt. Das „Taj Mahal“ ist ein wunderschöner Ort und völlig untypisch für Indien. Zum einen mutet die Architektur eher persisch an, zum anderen ist es sauber auf dem Gelände. Geht doch, wenn man nur will. Das Bauwerk dient als „Grabmoschee“  für die verstorbene Hauptfrau eines Großmoguls und wurde Mitte des 17. Jahrhunderts fertiggestellt. Wir ließen es ruhig angehen und setzten uns erst mal zwei Stunden auf eine Bank, um alles auf uns wirken zu lassen. Zwischen der ersten und der zweiten Bank schoben wir dann den Besuch des „Taj Mahal“. Kurzes Fazit – es sieht von Weiten eindrucksvoller aus. Die zweite Bank war gefunden und der Sonnenuntergang konnte kommen.  Am nächsten Morgen schauten wir uns die Szenerie nochmal bei Sonnenaufgang an und waren ebenfalls entzückt – ein wirklich sehenswerter Ort in Indien. Zur Stadt Agra ersparen wir uns jeden Kommentar.

Noch am gleichen Tag setzten wir unsere Reise fort. Mit Bus und Bahn fuhren wir südwärts bis nach „Sawai Modapur“, um den dortigen Nationalpark zu besuchen. In diesem sollen sich nämlich Tiger tummeln, die man mit ein bisschen Glück auch sehen kann. Mit einem offenen Bus starteten wir am nächsten Morgen zur „Safari“. Direkt am Eingangstor begegneten wir einer ganzen Tigerfamilie, die auf einer Mauer saß. Das Foto findet ihr im Anhang. Der Rest der Tour war dann eher ruhig. Ein Vögelchen hier und dort… und nicht zu vergessen der Hirsch am Wasserloch. Wir genossen die Ruhe, eine willkommene Abwechslung zu den indischen Städten.

Eine beschwerliche Tagesreise lag wiedermal vor uns. Vom Nationalpark aus nahmen wir den Zug in das 2 ½ Std. entfernte Kota. Dabei hatten wir richtig Glück. Anstatt in der „Sleeper Class“ sitzen zu müssen, erbarmte sich ein Zugbegleiter und steckte uns in den letzten Wagen, der für Behinderte und Gebrechliche vorgehalten wird. Wir sind dem Herrn noch heute dankbar. In der „Sleeper Class“ fahren die einfachen indischen Menschen und der mutige sparsame Rucksackreisende. Wer sich allen Ekel dieser Welt ersparen möchte, bucht wenn möglich irgendeine andere Zugklasse oder fährt Bus.
Kota – wiedermal ein Stadt bei der mir die Worte fehlen. Zum Glück nur eine kurze Zwischenstation auf dem Weg nach Udaipur.

Frauen dürfen in Indien nicht viel, ein Recht steht ihnen jedoch uneingeschränkt zu. Sie können sich an den Ticketschaltern vordrängeln. Angie nutzte die Gunst der Stunde und probierte es mal auf dem „Busbahnhof“ Kota aus. Und wir hatten Glück, bekamen wir doch zwei Tickets in Reihe 1 des „Expressbuses“ nach Udaipur. Die in den beiden Sätzen zuvor in Anführungsstriche gestellten Begriffe sehen in der Realität nicht so aus, wie man es aus dem Sinn der Wörter deuten könnte. Die Fahrt gestaltete sich dann eigentlich recht angenehm. Einzig unser Sitzfleisch schmerzte auf den harten Bänken. Die Fahrt führte uns durch eine trockene, staubige und trostlose Landschaft. Wir hatten den Eindruck im Kreis zu fahren, da wir irgendwie immer das gleiche Bild vor Augen hatten. Zum Glück wurde es am Abend draußen dunkel. Es tut mir ja leid liebe Indien Fans, aber „schön“ sieht selbst ohne die subjektive Brille etwas anders aus.

Udaipur – die schönste Stadt Rajastans, vielleicht sogar Indiens so heißt es – und das trifft den Nagel mit jedem Wort auf den Kopf. Der heutige Tag stand im Zeichen von „Sightseeing“. Zuvor tankten wir jedoch ein wenig Kraft in einem sehr europäischen Café – dem „Edelweiß“. Nach der morgendlichen Stärkung besichtigten wir zwei, drei Stündchen die Stadt. Neben einem schönen Palast auf einem Hügel, dem Wasserhotel aus James Bond „Octopussy“, jeder Menge schönen Hotels mit Aussichtsterrassen fanden wir auch die typische indische Kleinkunst vor. Zwei Tage reichten uns aber auch in Udaipur, wollten wir doch weiter in Richtung Süden. Wir setzten zum großen Sprung an. Zwei mal 14 Stunden mit dem Bus bis Goa. Bei der Wahl des Busses war uns das Glück hold – das Fahrzeug der Gesellschaft „Neeta“ war wirklich allererste Klasse. Auch die morgendliche Panne in Mumbai änderte daran nichts mehr. Im staubigen und lauten Mumbai wollten wir uns zunächst die Zeit bis zum Anschlussbus auf dem Flughafen vertreiben. Unser Vorhaben scheiterte aber an den Sicherheitsbestimmungen in Indien. Kein Ticket – kein Eintritt. Und so mussten wir notgedrungen ein überteuertes Hotel buchen, um uns wenigstens ein bisschen frisch machen zu können. Am Abend stand dann die letzte Etappe bis Goa auf dem Programm, die wir problemlos absolvierten.

Mit dem lokalen Bus legten wir am Morgen die letzten Meter bis nach „Palolem“ zurück, wo sich einer der schönsten Strände Goa`s befinden soll. Auf der Fahrt dorthin stellte sich bei uns das erste Mal so etwas wie „Wohlbefinden“ während unserer Indienreise ein. Das kräftige „Grün“ der Pflanzen war eine Wohltat für die Augen und auch die kleinen Ortschaften mit ihrem Mix aus Kolonialbauten und neuer Architektur fügten sich nahtlos in die Landschaft ein.
Der Strand in „Palolem“ ist zwar nicht weiß und das Wasser nicht blau, wie im Reiseführer angepriesen, aber trotzdem ist der Beach sehr gut geeignet, um sich mal so richtig eine Woche zu Entspannen. Vielmehr hätten wir auch nicht unternehmen können, quälten uns doch noch Glieder- und Muskelschmerzen als Nachwirkungen der Röteln. Zeitweise fühlten wir uns wie 90-Jährige und schleppten uns auch dementsprechend über den Strand. Am vorletzten Tag stellte sich dann noch ein sehr freudiges Ereignis ein. Ferdi, unser Freund aus Holland, überraschte uns doch noch mit seinem Erscheinen am Beach von Palolem, und so hatten wir noch einen ganzen Tag die Möglichkeit unsere Erlebnisse in Indien bei ein paar Bierchen austauschen.
Am nächsten Abend traten wir die Rückreise nach Mumbai an. Wir bezogen nochmals ein Hotel und hatten am Nachmittag Zeit, uns ein wenig in der Stadt umzusehen. Die Innenstadt mit ihren kolonialen Bauten fanden wir für indische Verhältnisse ansehnlich. Insgesamt kamen wir aber auch mit Mumbai auf keinen „grünen Zweig“.

Unser ehrliches Fazit
Der Tag unserer Abreise war angebrochen und wir waren das erste Mal glücklich darüber, ein Land verlassen zu können. Wir haben lange darüber nachgedacht, warum es uns in Indien nicht gefallen hat. Hier einige Anmerkungen von uns dazu. Zuerst sind da die Menschen zu nennen. Mit dem Großteil der Inder können wir nichts anfangen. Meist waren sie uns gegenüber distanziert und uninteressiert. Interesse an uns bestand immer nur dann, wenn man mit uns Geld verdienen konnte. In Hotels und Restaurant wurden wir oft vom Personal wie Aussässige behandelt – so nach dem Motto: „Bitte keine Fragen stellen, bezahlen und dann schnell wieder weg“. Es gab auch Ausnahmen von der Regel, die ich nicht verschweigen möchte. Es waren genau fünf die mir einfallen, 2 Hotels und 3 Restaurants. Ich füge extra hinzu, dass wir schon einiges gesehen haben, kein Luxus wollen sondern nur ein einfaches sauberes Zimmer und eine normalfreundlichen Bedienung. Nur allein über dieses Thema könnten wir schon ein Buch schreiben.
Die Abzockerei in Indien ist ebenfalls ein nerviges Thema. Es verging kein Tag an dem wir nicht mehrfach über den Tisch gezogen werden sollten. Na klar, werdet ihr jetzt sagen, das gibt es auch in anderen Ländern. Das sehen wir auch so, finden aber, dass das Ausmaß hier das Maß des Erträglichen bei Weitem überschreitet.
Ein weiteres lästiges Thema waren die indischen Männer. Es ist uns sehr oft passiert, dass wir z. B. auf einem Bahnhof warteten und sich ein Mann vor Angie stellte und sie dann aus 3 Meter Entfernung 10 min ununterbrochen anstarrte. Ich begab mich dann immer mal wieder dazwischen und starrte den Herren auch an, um ihm mal ein Perspektivwechsel zu ermöglichen(?). Ebenfalls wurde Angie mehrfach von irgendwelchen Männern im Vorbeigehen betatscht oder völlig unnötig angerempelt, weil irgendjemand mal eine weiße Frau berühren wollte. Angie äußerte öfters mal den Wunsch einen Schleier zu tragen, um sich vor den aufdringlichen und ekelhaften Blicken zu schützen.
Zum Thema Städte und Landschaften haben wir schon einiges angeführt. Der Norden Indiens von Nepal kommend entlang der Städte Varanasi, Delhi, Agra bis nach Udaipur gefiel uns mit ein paar Ausnahmen überhaupt nicht. Die Städte waren vermüllt, dreckig und hässlich, außerhalb dominierten meist trostlose und gleichförmige Landschaften. Was uns in den Städten besonders fehlte, waren die Möglichkeiten im öffentlichen Raum z. B. in Parks sich einfach mal irgendwo gemütlich hinzusetzen, um ein wenig zu relaxen und zu beobachten. Das funktioniert in Indien einfach nicht, da man überall zwischen „Müll“ und „braunen organischen Rückständen“ hockt. Die Ortschaften im Süden wie Goa sind da schon wesentlich angenehmer.
Etwas Lustiges noch zum Schluss. Wir fanden es immer wieder erstaunlich mit welcher Selbst-überschätzung die Inder ihr Land so sehen. Auf Nachfragen konfrontierten wir die Menschen immer mit unserer Wahrnehmung bezüglich Indien. Einige versuchten bei solchen kleinen Diskussionen Indien auf eine Stufe, besser noch ein wenig höher als China zu heben. Als wir ihnen dann mal erklärten, wie es so in China zugeht wurden meist Augen und Ohren immer größer. Liebe Inder, im Vergleich zu China lebt ihr irgendwo zwischen „Steinzeit“ und „Feudalismus“ und nirgendwo anders. Ein Vorteil hat das jedoch. Ihr könnt aus den Fehlern der Anderen lernen und es besser machen. Wir wünschen euch dabei maximale Erfolge.

Es wird das erste und letzte Mal bleiben, dass wir unsere Füße auf indischen Boden setzten. Es gibt so schöne und interessante Länder auf dieser Erde mit vor allem wesentlich netteren und freundlicheren Menschen, dass uns einfach die Zeit zu schade ist, um diese in Indien zu verschwenden. Wir wissen auch, dass wir nur einen kleinen Teil des Landes gesehen haben und es bestimmt noch viel zu entdecken gibt, aber die vielen negativen Eindrücke in den letzten vier Wochen haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Für einen Strandurlaub gibt es ebenfalls genügend gleichwertige oder bessere Alternativen.

„In diesem Sinne – Wir haben fertig… mit Indien“.

Bis zum nächsten Mal… eure zwei Weltreisenden

Angie & Thomas