Zug um Zug

Location: zwischen Teheran und Weißwasser
Wetter: eher kalt als warm
Zeitunterschied: von +2,5 Std. bis 0 Std.

1. Trans-Asia-Express / Teheran-Istanbul – 72 Std.
Gespannt warteten wir seit gut zwei Stunden im Terminal 2 des Teheraner Bahnhofs auf die Aufforderung zum Besteigen des Zuges. Um uns die Zeit zu vertreiben, scannten wir schon einmal im Wartesaal die Gesichter der anderen Reisenden und frugen uns, wer sich wohl ein Abteil mit uns teilen wird. Gegen 21:30 Uhr fiel der Startschuss. Bei der Taschenkontrolle der iranischen Polizei fielen wir glatt durchs Raster. „You German“? Ohne groß Notiz von uns zu nehmen, winkt uns der Polizist durch die Kontrollstelle. Wie wir später erfuhren, wird vorrangig nach Alkohol und erotischen Filmen gesucht. Wie der Beamte richtig erkannt hatte, haben wir mit solch verruchten und lasterhaften Dingen nichts am Hut.

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Weather: Istanbul / Ataturk Temperature 7 °C, Humidity 56%, n/a

Iranische Bekanntschaften

Location: Iran
Wetter: tagsüber warm, nachts kalt
Zeitunterschied: + 2,5 Std.

Wer in den Iran reist, sollte im Voraus keine allzu großen Reisepläne schmieden. Spätestens mit der Ankunft im Land sind all diese Absichten Makulatur. Der Grund dafür ist die unglaubliche Gastfreundschaft der Iraner. Wer nicht mindestens einmal am Tag von einem freundlichen Einheimischen zu einer Stadtführung oder nach Hause eingeladen wird, sollte schleunigst überprüfen, ob er sich noch im Iran befindet. Eine solche Herzlichkeit der Menschen ist uns schon einmal auf unserer Reise begegnet – in Kolumbien. Ein sehr positiver und angenehmer Nebeneffekt für uns Touristen, den man oft in Ländern findet, in denen die Menschen aufgrund von Krieg oder Unterdrückung enger zusammenrücken müssen.

Bevor wir unser Flugzeug in Richtung Iran überhaupt besteigen konnten, hatten wir schon eine nette iranische Familie kennengelernt. Diese befand sich gerade auf der Rückreise aus ihrem ersten und gleichzeitig auch letzten Indienurlaub. Die Duplizität der Indienerfahrungen fanden wir schon sehr lustig –„Incredible India“. Da die Iraner aufgrund des internationalen Embargos derzeit ein wenig ab vom Schuss liegen und sich kaum jemand für sie interessiert, ein paar ausländische Streitkräfte mal ausgenommen, verspüren die Menschen das Bedürfnis jeden Ausländer der ihnen begegnet nach seiner Meinung zu Land und Leute zu befragen. Auch Informationen aus dem Land des Gastes wecken das ungebremste Interesse der Menschen. Und wer erst mal an der verbalen Angel hängt, erfährt dann auch meist das volle Programm an Gastfreundschaft der Perser.

Nachdem wir Shiraz erreicht und eine Unterkunft gefunden hatten, begaben wir uns auf eine erste Entdeckungstour in die Stadt. Es wirkt alles sehr aufgeräumt hier, wenn gleich die Architektur aus neuerer Zeit keinen Anspruch auf einen Schönheitspreis hat. Beim Gang durch die Straßen werden wir mit großem Interesse beäugt und gemustert. Einige Menschen trauen sich uns anzusprechen – die erste Frage gilt immer der Herkunft. Germany… Germany… ist das Schlüsselwort, um das Eis zu brechen. Kein Ami – alles super. Deutschland wird geliebt und vergöttert wie auch im Rest der Welt, mit Ausnahme Europas. Wir laufen weiter. Der Schleier der Frauen wird in Shiraz eher laissez faire getragen, was auch Angie entgegen kam. Die meisten Frauen hier sind sehr modern und stehen denen in Europa in nichts nach. Auf der Suche nach einem bekannten traditionellen Restaurant wenden wir wieder die alte Taktik an. Reiseführer in der Hand und einfach mal dumm rumstehen. Es dauerte keine Minute bis Hilfe nahte. Ein netter junger Mann stellte sich uns vor und bot seine Dienste an. Funktioniert doch. Auf dem Weg zum Restaurant erzählen wir ihm als Gegenleistung einiges von uns und aus der weiten Welt. Das Lokal ist schnell gefunden, aber leider noch geschlossen. So bleibt noch Zeit für eine kostenlose Führung über den wunderschönen Bazar-e Vakil in Shiraz. Wir schreiten gemeinsam die alten und gut erhaltenen bogenförmigen Gänge ab und bekommen dazu jede Menge an Erläuterungen zur Anlage und den darunter befindlichen Auslagen. Ein wirklich hübscher farbenfroher Markt ohne Kitsch und nervige Verkäufer, ein eher seltenes Erlebnis in Asien. Zu guter Letzt werden wir an einem traditionellen Teehaus abgesetzt, wo wir die restliche Zeit bis zur Öffnung des Restaurants überbrücken können. Eine wirklich sehr nette Geste des uns unbekannten Mannes. Dankeschön.

Wir lernten „Mehdi“ bereits im Flugzeug nach Shiraz kennen, wo wir uns Sitzreihe 4 D bis F teilten. Bei dem netten Gespräch im Flieger hatte er uns bereits zu einem Ausflug am Wochenende eingeladen, natürlich nur wenn wir Zeit hätten. Eigentlich hatten wir keine Zeit, aber die örtlichen Busgesellschaften gaben sie uns. Da wir keine Tickets für den Bus am islamischen Wochenende  bekamen, durften wir „notgedrungen“ einen Tag in Shiraz verlängern.

Am Freitagmorgen holte uns Mehdi am Hotel ab. Gemeinsam mit seinem Freund Ali fuhren wir zum Wochenendhäuschen seiner Familie außerhalb der Stadt. Für uns wie auch für die beiden Iraner eine gut Gelegenheit, um mal alle möglichen Informationen auszutauschen. Die beiden noch ledigen aber leierten Männer erzählten uns zunächst einmal wie das mit der Brautsuche im Iran so funktioniert. Und so erfuhren wir, dass es sowohl den traditionellen als auch den modernen Weg gibt. Beim Ersteren sucht der Vater die Braut aus und arrangiert alles, Version zwei ermöglicht die selbstständige Suche, wie wir das auch kennen. Ein Problem stellt sich aber bei beiden Vermählungsarten. Der Brautvater handelt eine Mitgift für` s Töchterchen aus. Wer wie die Beiden dann recht wohlhabend ist, kann schon mal 1 Million US-Dollar loswerden (kein Scherz), wenn er noch heiraten möchte. Da Mehdi der Betrag zu viel für eine Frau ist, scheiterten bisher auch immer die Ehevertragsverhandlungen. Mit einer Freundin kommt er aber auch ganz gut klar, erklärte er uns. Auch das Ausleben der im Iran strikt untersagten Dinge, wie Alkoholgenuss, Tanzen und Konzerte, brachte einige lustige Geschichten ans Tageslicht. Wie immer bei Verboten werden diese umgangen und hinter verschlossenen Türen oder im Ausland ausgelebt. Zustande kommen dabei regelrechte Vergnügungswochen in Thailand, die dann unserem „Ballermann“ Urlaub in nichts nachstehen. Wenn das der „Ajatollah Chomeini“ wüsste. Bezüglich des Themas iranische Regierung brauchten wir uns nicht lange zu unterhalten. Kurz gesagt: Keiner kann sie leiden, aber alle halten ihre Meinung dazu in der Öffentlichkeit zurück.

Nach gut einer Stunde erreichten wir das Anwesen der Familie. Wir wurden bereits erwartet und so dauerte es nicht mehr lange bis das BBQ auf dem Tisch stand. Für den Iran typisch werden große Mengen an Fleisch angeboten, vorzugsweise Lamm und Huhn sowie manchmal Kamel. Das auf  flachen Eisenspießen gebratene Fleisch wird übrigens „Kebab“ genannt. Dazu gibt es in der Regel ein bisschen Gemüse mit Fladenbrot oder Reis. Wir ließen uns das Essen, welches übrigens von Mehdi `s Vater und seinen Freunden zubereitet wurde, genüsslich schmecken. Im Anschluss unternahmen wir noch zu viert eine Tour in die Umgebung bevor wir zum Haus zurückkehrten. Dort hatten wir dann nochmal richtig Spass. Gemeinsam mit den älteren Männern spielten wir Karten, rauchten Shisha und ließen uns einige typische Leckereien schmecken. Und so klang ein richtig netter Tag im Kreise von Mehdis Familie und Freunden gemütlich aus. Die Frauen hatten an diesem Tag übrigens einen eigenen Ausflug gemacht. Normalerweise sind sie auch dabei.

Yazd, eine Stadt weiter nördlich war unsere nächste Station auf dem Heimweg. Leider hatten wir nicht ganz so viel von dem Ort, da uns schon in Shiraz die Tabletten gegen die Gelenkentzündungen (Folge der Röteln) ausgegangen waren. Da wir kaum laufen konnten, mussten wir erstmal den nächsten Tag abwarten, um mit Hilfe unseres netten Hoteleigners eine neue Packung Medikamente besorgen zu können. Bis wir wieder gehfähig waren, verstrich der halbe Tag. Und so blieb uns nur noch der Abend, um ein wenig in der Stadt rumzuschwänzeln. Wir schauten uns dabei im abendlichen Treiben die zwei bedeutendsten Moscheen der Stadt an und schlenderten über den Basar und in den engen Gassen der Altstadt.

Den letzten Stopp auf dem Weg gen Teheran legten wir in Esfahan ein, die vielleicht touristischste Stadt im Iran. Neben jeder Menge wunderschöner alter persischer Bauten fanden wir auch ganz viele Menschen, die kein Englisch sprachen. Schon die Taxifahrt vom Busbahnhof bis zum Hotel war daher eine Mischung aus einem verbalen Schlagwortaustausch im Persischen und wildem Gestikulieren. Zum Glück fanden wir das Hotel, aber auch ein weiteres Problem. Kostet das Zimmer jetzt „ninety“ oder „nineteen“ Dollar – eine stattliche Summe Unterschied, die ein kleiner Fehler bei der Aussprache so erzeugen kann. Wir einigten uns zum Schluss und fanden einen Betrag irgendwo in der Mitte.

Am Morgen des nächsten Tages verliefen wir uns erstmal in den Gängen des Bazar –e Bozorg und waren heilfroh als wir wieder Örtchen fanden, die auch unser Reiseführer auswies. Auf dem zentralen Platz der Stadt, dem Imam Square schlenderten wir den gesamten Vormittag umher. Neben jeder Menge iranischem Kunsthandwerk konnten wir auch verschiedene Moscheen und Paläste bestaunen, die sich im Umfeld des Platzes befanden.

Der vorabendliche Spaziergang führte uns zu einem weiteren bekannten Bauwerk der Stadt – der „Si-o-Seh“ Brücke, die wohl schönste unter den alten Brücken der Stadt. Nach unserer kleinen Besichtigungstour kehrten wir noch zum Abschied in ein traditionelles Restaurant ein und ließen uns einen Kebab schmecken.

Die Zeit drängte langsam, lagen doch noch etliche Kilometer zwischen uns und der Heimat. Vier volle Reisetage standen an. Zunächst fuhren wir am Morgen von Esfahan gut sechs Stunden mit dem Bus bis in die Hauptstadt Teheran. Bis zur Abfahrt unseres Zuges am Abend hatten wir noch ein wenig Zeit, die wir nutzen wollten, um wenigstens ein bisschen von der Stadt anzuschauen. Mit der knüppelvollen Metro ging es in Richtung Zentrum. Wir stiegen irgendwo in der Stadtmitte aus und suchten das im Reiseführer ausgewiesene Internetcafé. Bei unserer Suche sprach uns plötzlich ein iranischer Geschäftsmann in astreinem Deutsch mit leichtem sächsischem Dialekt an und bot seine Hilfe an. Nach einem kurzen Telefonat wies er uns den Weg zu seiner Firma, wo schon ein Mitarbeiter auf uns warten würde. Dort könnten wir dann das Internet auf einem Firmen PC nutzen. Wir waren erstmal baff… nahmen aber natürlich das Angebot dankend an. Der Herr ist übrigens in Leipzig aufgewachsen und hat viele Jahre dort gelebt. In der Firma wurden wir von einem sehr freundlichen Mitarbeiter empfangen. Während Angie die E-Mails checkte, unterhielt ich mich mit dem Mitarbeiter über Gott und die Welt. Das kleine Unternehmen (Iran Part Services) vertreibt übrigens Behindertenausstattungen für Fahrzeuge sowie behindertengerechte Komplettumbauten für PKW und Nutzfahrzeuge. Der Mitarbeiter half uns auch noch im Anschluss ein gutes Restaurant in der Umgebung zu finden und beendete dafür auch noch seine Arbeit früher. Wir hoffen, dass der Chef dafür Verständnis hat. Die Hilfe war aber bitter nötig. Ohne das Übersetzen hätten wir auf die Karte der Pizzeria geschaut wie das Schwein ins Uhrwerk – alles war in Persisch verfasst. So konnten wir wenigsten ein Wunschessen ordern. Von hier aus möchten wir uns nochmals ganz herzlich für die Hilfe bedanken, sowohl beim Mitarbeiter als auch beim Chef der Firma. Wir haben leider keine Namen von ihnen und würden uns daher sehr freuen, wenn sie uns mal eine E-Mail zukommen lassen. Eine Visitenkarte von uns hatten wir ja hinterlassen. Auf dem Weg zur Metro zurück trafen wir übrigens auf einen weiteren Iraner der Deutsch sprach. Er lebt eigentlich in Stuttgart und weilt derzeit nur zu Besuch hier.

Der Abend nahte und somit auch unsere Abfahrt mit dem Zug von Teheran aus. Gut 70 Stunden Bahnfahrt bis Istanbul lagen nun vor uns. Ein weiterer großer Schritt der uns unserem Ziel Deutschland näher bringen wird. Von den Erlebnissen während der Zugfahrt berichten wir dann im nächsten Bericht. Bis dahin alles Gute

Eure zwei Weltreisenden

Angie & Thomas

Shanghai – Zwischen Tradition und Moderne

Location: Peking
Wetter: angenehm warm
Zeitunterschied: + 6 Std.

Genau 45 Minuten dauert die Fahrt von Hangzhou bis in die benachbarte Metropole Shanghai. Oder sollte man eher sagen – „der Flug“? Der Schnellzug der Kategorie  -G- ähnelt schon eher einer Rakete als der guten alten Eisenbahn. Nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof wechselt das „Geschoss“ auf eine der eigens dafür gebauten Schnellzugtrassen und beschleunigt. Wer jetzt denkt, dass mit zunehmender Geschwindigkeit das „Gerüttel“ und „Geschüttel“ im Wageninneren zunimmt, der irrt. Er schnurrt dahin mit gut 300 km/h. Draußen fliegen im atemberaubenden Tempo Siedlungen und Felder vorbei und man wir den Eindruck nicht los, auf einer Reise mit der Zeitmaschine zu sein.

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