Location: Nordsumatra / Indonesien
Wetter: jeden Tag sonnig und heiß, nachmittags manchmal willkommene Regenschauer
Zeitunterschied: + 6 Std.
…der erste Eindruck trügt nicht. Schon bei unserem Vorgespräch mit der netten Direktorin Wiwin in der Schule SD Negeri 39 (SDN 39) in Banda Aceh hatten wir ein gutes Gefühl, schauten uns an und meinten einstimmig: „hier sind wir richtig“… an einem schönen Ort mit lieben Menschen und einer – sagen wir mal – recht anspruchsvollen, wohl kaum langweilig werdenden Aufgabe.
Wir durften in der Schule SDN 39 für knapp drei Wochen als ehrenamtliche Lehrer arbeiten und waren dort in den aufs Herzlichste willkommen. Die vielen schönen Stunden, Tage und Wochen in Banda Aceh sind augenscheinlich geflogen, aber nicht spurlos an uns vorübergegangen. Heute blicken wir wehmütig zurück… auf eine Zeit, in der wir nicht nur lehrten, sondern aus der wir auch selbst ein beachtliches Stück an neuen Erfahrungen mitnehmen durften. Wir haben erlebt, wie Kinderherzen höher schlagen und eine simple, in unserer Heimat fast schon unbedeutende Aufmerksamkeit die kleinen runden Kulleraugen unserer Schüler zum Strahlen bringen.
In Banda Aceh wo vor knapp 6 Jahren die Erde am 2. Weihnachtsfeiertag bebte und der darauffolgende Tsunami mehr als 170.000 Menschen in den Tod riss, ist nichts mehr wie es einst war. Glaubt man den Aussagen der Einheimischen, so präsentiert sich die Stadt heute schöner denn je. Doch die Wunden sind noch lange nicht geheilt. Viele der kleinen Wesen unserer Schule sind Halb- oder Vollwaisen, sie leben bei anderen Familienmitgliedern oder nun bei völlig Fremden, dennoch sie sind allein. Viele Kinder und Schüler wurden bei dem schrecklichen Tsunami selbst mit in den Tod gerissen. Während wir beispielsweise in der 1. Klasse unserer Schule insgesamt 32 Schüler antrafen, waren es in der 6. Klasse gerade einmal nur noch 10. Viele unserer Schüler verloren nicht nur Eltern und Lehrer, sondern auch Freunde und Vertraute.
Das durch den Tsunami völlig zerstörte Schulgebäude befindet sich inmitten eines am schlimmsten betroffenen Gebietes der Region Aceh. Das Schulgebäude wurde dank zahlreicher Spendengelder aus Europa wieder aufgebaut und ist heute von außen gesehen ein recht schönes Gebäude. Alle Schüler der Schule wohnen in dem umliegenden Gebiet, was damals nahezu dem Erdboden gleichgemacht wurde. Heute stehen hier kleine Häuser, Tsunamihäuschen wie sie genannt werden. Mit einer beispiellosen Spendensolidarität au den westlichen Ländern und mit Hilfe zahlreicher Entwicklungshelfer vor Ort konnten die Stadt Banda Aceh und die Region in den vergangenen Jahren wieder Schritt für Schritt aufgebaut werden. So wurden unter anderem 1.115 medizinische Einrichtungen, 3.700 km neue Straßen und ca. 2.000 neue Schulen errichtet. Heute herrscht in der gesamten Stadt wieder Geschäftigkeit und die streng gläubigen Bewohner Acehs blicken optimistisch in ihre Zukunft. Seit etwa 2 Jahren sind aber kaum noch ausländische Hilfsorganisationen vor Ort und die Aufbauarbeiten wurden offiziell beendet. Doch noch immer wird Hilfe aus dem Ausland in vielen Bereichen benötigt. Darüber hinaus litt ganz Sumatra in der Vergangenheit unter dem abklingenden Besucherstrom, der sich nur teilweise und sehr langsam wieder erholt. Folglich wurde uns als nahezu einzige Weiße in der Stadt Banda Aceh entsprechend viel Aufmerksamkeit zu teil.
In der Schule wurden wir von allen, aber vor allem von den Schülern herzlich in ihrer Mitte aufgenommen. Als Lehrer für Englisch, Sport und Kunsterziehung standen wir nicht nur im Unterricht im Mittelpunkt des Geschehens. In den Pausen lauschten die Mädchen und Jungen unseren Erzählungen und probierten gerne ihr recht spartanisches Englisch an uns aus. Der Unterricht selbst machte uns großen Spaß. Obwohl wir doch in den ersten Tagen unserer Lehrzeit aufgrund der recht übersichtlich ausgestatteten Schreibwarengeschäfte des Öfteren der Verzweiflung nahe waren, konnten wir im Nachhinein mit dem doch wenig Vorhandenem ganz gute Unterrichtsmaterialien erstellen. Gemeinsam mit ‚Tia‘, der einigen Englischlehrerin vor Ort haben wir viele Vokabelkärtchen, neue Arbeitsblätter, Übungen und Anschauungsmaterial für den Unterricht erstellt. Außerdem konnten wir Tia zeigen, wie sie den Unterricht für die unteren Klassenstufen spielerisch gestalten kann. Unser Erfolgserlebnis: Tia fing an, selbst Arbeits- und Übungsblätter zu erstellen. Wir hatten also für Nachhaltigkeit gesorgt 🙂
Ebenso verhielt es sich auch mit dem Sportunterricht. Während dieser bei unserer Ankunft noch recht eintönig ausfiel, kann die Schule heute auf neues Sportequipement wie Basket- und Fußbälle, einen Volleyball, Springseile und Badmintonspiele zurückgreifen. Mit Hilfe unserer zahlreichen Spender konnten wir diese Basisausstattung realisieren. Thomas war als Sportlehrer natürlich die Hauptattraktion und bei den Mädels wie Jungs heiß begehrt… Dank ihm spielten die Kleinen fortan nicht nur sondern trainierten auch Ausdauer, Koordination und Geschicklichkeit beim Zirkeltraining und Laufspielen.Ein großer Spaß für die 4. bis 6. Klässler war auch der von Angie im Samstagsunterricht veranstaltete Mal- und Zeichenwettbewerb. Einige Schüler entwickelten soviel Spaß an der bis dahin unbekannten Wachsmalerei, dass Sie sich statt einem Thema gleich drei bis vier Themen widmeten und Unmengen von Bildern zeichneten. Den Sieger zu ermitteln war schwer, hatten sich doch alle so sehr Mühe gegeben. Also mussten wir uns ‚was Neues einfallen lassen. Unserer Idee alle tollen Bilder in den Klassenräumen aufzuhängen, wollte kein Schüler widersprechen. Und da erlebten wir unsere nächste Überraschung… Während der Unterricht längst aus war und in unserer Heimat sicher jeder lieber nach Hause geströmt wäre, warteten alle Schüler brav in den Klassenräumen auf uns, damit auch wirklich jedes von ihnen gezeichnete Bild von den Klassenwänden strahlte. Im Nachhinein: ein wirklich schönes Erlebnis.
Am darauffolgenen Samstag veranstalteten wir dann das von den Schülern lang ersehnte Sportfest. In den Disziplinen 60 Meterlauf, Coopertest, Medizinballstoßen, Sackhüpfen, Eierlauf und Seilspringen sowie Liegestütz sollte der jeweilige Klassensieger der Mädchen und Jungen ermittelt werden. Alle gaben sich wirklich größte Mühe und waren mit Spiel und Spaß dabei. Als wir dann noch Wasser und die bei den Kindern wenig verbreitete Pausenmilch für alle kleinen und großen Sportler beisteuerten, waren die Littles kaum noch zu bremsen. Die Sieger wurden von uns mit etwas größeren Geschenken, wie Schulrucksack, Zirkel, Zeichenstifte und Schreibgeräte prämiert. Dank unseres gut gefüllten Spendenkontos konnten wir zudem allen Schülern ein kleines Geschenk, welches aus einem Heft, Federtasche und Bleistift bestand, überreichen…was wirklich sämtliche Herzen erfreute. Glücklich und müde verließen an diesem Tag 130 Kinder das Schulgelände und starteten mit viel Gelächter ins Wochenende. Halt…da war doch noch was. Ja richtig, einige von ihnen kehrten zum Schulhof zurück, um uns noch ein persönliches Geschenk zu überreichen. Wir waren echt gerührt.
Doch nicht nur im Unterricht und in den Pausen stellten wir Schule und Einrichtung buchstäblich auf den Kopf. Unserem erneuten Spendenaufruf sind viele daheim gefolgt und unterstützten uns damit bei der Realisierung von fünf notwendigen Fensterüberdachungen des Lehrergebäudes auf dem Schulgelände. Das Lehrerzimmer wurde bei seinem Neubau leider nie richtig fertiggestellt. Bis zu unserer Ankunft wurden Lehrer, Schüler aber vor allem die eh schon gering vorhandenen Materialien bei jedem Regenguss seit fünf Jahren buchstäblich überflutet, da es konzentriert in das Gebäude hineinregnete. Bereits am ersten Tag unseres Lehrerdaseins erlebten wir die Misere selbst und entschieden uns, die Situation zu verbessern. All unseren Spendern gilt hier ein besonderer Dank der Schüler, Lehrer und vorallem der Schuldirektorin Wiwin, die über den neu gewonnenen „Luxus“ besonders happy ist.
Unsere Zeit in Banda Aceh ging leider viel zu schnell vorüber. Doch wie es eben so ist, das Leben geht weiter und wir zogen vollgepackt mit Abschiedsgeschenken und unzähligen, kostbaren Erlebnisse weiter ‚gen Süden.
Wenn wir heute an unsere Zeit in Banda Aceh zurückdenken, fällt es uns umso schwerer Gefühlszustände und Empfindungen in die richtigen Worte zu kleiden. Alles fehlt uns…die Schüler und Lehrer, ihr all morgendlich fröhliches Winken und Rufen, wenn wir mit Mustafa – unserem Becakfahrer auf dem Schulhof erschienen, das alltägliches Ritual 130 Hände am Morgen und Nachmittag zu schütteln und ihre aufrichtige Dankarkeit dafür, dass wir einfach nur da waren… in ihrer kleinen Schule SDN39. Wir hätten so gern noch mehr Zeit in der Schule verbracht und wir hoffen inständig eines Tages zurückzukehren, denn alltäglich klingt uns der Ruf nach „we miss you“…
Im Namen aller Schüler, Lehrer und natürlich auch uns selbst möchten wir allen fleißigen Spendern und Unterstützern danken, die es möglich machten, den Schülern in Banda Aceh kleine Freuden zu bereiten. Dank euch und einer gut gefüllten Spendenkasse konnten wir:
– Unterrichtsmaterial,
– kleine Schulausstattung für alle Schüler,
– Sportequipement
– Ausrichtung eines Sportfestes
– Fensterüberdachungen für das Lehrergebäude
– Pausengetränke und viele kleine Sachen realisieren.
Wir sind sehr glücklich, dass wir unsere anfängliche Idee in die Tat umsetzen konnten. Ein großes, dickes Dankeschön 🙂
…und hier ein paar Fotoausschnitte unserer Zeit an der Schule SDN 39 in Banda Aceh
einfach aufs Foto klicken und schon startet die DiaShow
Hey Ihr Lieben,
wie schön wieder etwas von euch zu lesen. Über 3 Wochen 130 Knirpse zu beschäftigen,Hut ab,welch großartige Aktion..macht weiter so,wir sind begeistert und sehr sehr stolz auf euch. Wir schicken euch ganz liebe Frühlingsanfangsgrüße aus Berlin (: (: (: