Location: von Tibet… nach Kathmandu /Nepal
Wetter: tagsüber angenehm warm, nachts kühler
Zeitunterschied: + 4 Std. 45 Min
Die ersten Sonnenstrahlen bahnen sich von Osten her den langen Weg über das tibetische Hochland und hüllen die Landschaft um uns in einen rotbraunen Schimmer ein. Der Blick über die endlose Ebene versinkt irgendwo am Horizont und lässt uns in Gedanken schwelgen. Begierig saugen unsere Augen die kräftigen Farben des morgendlichen Panoramas auf und zeichnen kontinuierlich Bilder für die Ewigkeit in unser Gedächtnis. Tibet, das Dach der Welt mit seinen schneebedeckten Bergen und unberührten Weiten liegt vor uns. Der Mythos dieser einzigartigen Kulturlandschaft hat die Zeiten überdauert und ist noch an vielen Orten greifbar. Vieles hat sich aber auch verändert… nicht immer zum Guten.
Es kribbelte schon etwas im Bauch als wir endlich den Zug in Richtung Lhasa besteigen konnten. Waren wir doch gespannt, was uns in Tibet erwarten würde. Zuvor galt es aber erst einmal die 3.400 km lange Distanz auf das Dach der Welt zurückzulegen. Von Chengdu aus führte die Strecke zunächst in das 1.400 km entfernte Xining, bevor der eigentliche Abschnitt der sogenannten „Tibetbahn“ über knapp 2.000 km bis nach Lhasa begann. Beim Bezug des 4-er Schlafwagenabteils wussten wir sofort, dass wir richtig gewählt hatten. Im Vergleich zu dem, was wir zuvor in Langstreckenzügen in China gesehen hatten, war das hier richtiger Luxus. Nachdem wir es uns in der Kabine gemütlich gemacht hatten, gab es zum Abendbrot gleichmal den „Gugelhopf“ aus dem Hostel. Und der schmeckte wirklich richtig gut. Worte, wie bei Muttern „daheeme“, fielen. Für uns wieder mal ein Beweis dafür, dass Chinesen alles kopieren können. Für dieses kulinarische Stück Heimat sagen wir nochmals Danke an die Mädels vom Hostel in Chengdu – (感謝您的美味蛋糕).
Der erste Abend im Zug ging recht schnell zu Ende und wir versanken in unseren Betten. Am nächsten Tag führte die Fahrt vorwiegend durch monotone ereignisarme Landschaften in der chinesischen Provinz, sodass Langeweile das Bild im Zug prägte. Genau der richtige Zeitpunkt um euch noch etwas über die Strecke zu erzählen: In Xining beginnt die Passage durch das Hochland von Tibet, die unter anderem einige technische Meisterleistungen zu bieten hat. Neben der extremen Höhenlage dieses Abschnittes mit durchschnittlich über 4.000 m sorgte auch der Bau unzähliger Tunnel sowie über 600 Brücken für besondere Herausforderungen. Ein ebenfalls großes Problem mussten die Ingenieure bei der Verlegung der Gleise bewältigen, da ein Großteil der Strecke über Permafrostboden führen sollte. Um ein Absinken im Sommer zu verhindern, setzten die Techniker eine Art Kühlschrank in Stabform ein. Diese Röhren wurden neben den Gleisen in den Boden getrieben und halten diesen seitdem kontinuierlich gefroren.
Am Nachmittag des zweiten Tages stieg in Xining eine deutsche Reisegruppe unserem Wagen zu. Mit Günther, der sein Bett in unserem Abteil hatte, war auch schnell ein kompetenter Gesprächspartner in punkto Reisen gefunden, sodass die Zeit bis zum Abend wie im Fluge verging. Mit dem Sonnenaufgang am folgenden Morgen wurde der schönste und wirklich interessanteste Streckenabschnitt der Reise für uns sichtbar – „Das Hochland von Tibet“. Den Scheitelpunkt der Strecke, den „Tanggula Pass“ mit seinen 5.072 m, passierten wir bereits am frühen Morgen. Leider informierte uns das Zugpersonal nicht darüber, sodass dieser Moment ein schöner von vielen blieb. Nichtdestotrotz bot sich uns auf dem weiteren Weg bis Lhasa eine wunderschöne abwechslungsreiche Landschaft entlang der Strecke. Als der Zug in das Tal des Flusses „Kyi Chu“ einbog, wurde das Ende greifbar, erhob sich doch am Horizont langsam die Silhouette von Lhasa. Eingerahmt von einer Gebirgskette wirkte die Stadt aus der Entfernung wie eine vergessene Oase inmitten von Nichts. Viele Reisende standen gebannt im Gang des Zuges und genossen die vorbeiziehende Szenerie. Schon von weitem stach das leuchtende „Rot“ des „Potala Palastes“ aus dem Häusermeer heraus und bildete so eine unübersehbare religiöse Landmarke in der Stadt. Am Bahnhof in Lhasa erwartete uns schon Ricky unser Guide. Wir wurden von ihm mit dem traditionellen weißen Schal empfangen. Nach dem herzlichen Empfang brachte er uns zu unserem Hostel. Da für den Rest des Tages nichts mehr geplant war, verabredeten wir uns zum Sightseeing am nächsten Morgen.
Von der Dachterrasse des „New Masala Restaurants“ hatten wir einen guten Blick auf den „Barkhor Square“ im Zentrum der Altstadt von Lhasa. In den Straßen unter uns herrschte reges Treiben. Die Händler an den gut gefüllten Marktständen priesen die unterschiedlichsten Waren an. Zwischen der interessierten Kundschaft bahnte sich immer wieder die ein oder andere Fahrradrikschas den Weg durch die Menschenmenge und spaltete diese für einen kurzen Moment. Von Zeit zu Zeit trug der Wind exotische Düfte abbrennender Räucherstäbchen an unsere Nasen und hüllte uns so in eine weitere Dimension der Wahrnehmung. Auf dem Dach gegenüber waren ebenfalls die Sinne geschärft. Zwei junge Soldaten saßen unter einem Sonnenschirm und beobachteten das Geschehen unter ihnen. Beim Blick über die anderen Häuser offenbarte sich das gleiche Bild. Ein schwarzer Bus fuhr vor. Gut fünfzig Polizisten sprangen heraus und nahmen Aufstellung. In kleinen Gruppen marschierten sie im Anschluss zu ihren Kontrollpunkten. Auf dem Platz unter uns drehten fünf Soldaten wie ferngesteuert ihre Runden.
Wir treffen uns mit Ricky. Heute brauchen wir seine Hilfe, um den „Potala Palast“ besuchen zu können, denn ohne Touristenführer: kein Einlass. Auf dem Weg dorthin erzählt er uns einiges über die Geschichte Tibets, welche in Teilen auch seine ist. Ricky wurde mit sechs Jahren von seinen Eltern heimlich über die Berge nach Nepal und später nach Indien geschickt, wo er die Schule des Dalei Lama besuchte. Nach 15 Jahren kehrte er nach Tibet zurück, legte sich einen anderen Namen zu und arbeitet seitdem als Touristenführer. Er ist vorsichtig, wenn er uns etwas erzählt und schaut sich oft um, während wir durch die Stadt laufen, könnte doch an jeder Ecke ein ziviler Polizist unsere Gespräche im Vorbeigehen belauschen. Wir nähern uns dem „Potala Palast“. Er wirkt auf uns wie eine Trutzburg im Meer der chinesischen Einheitsbreiarchitektur. Noch heute symbolisiert der ehemalige Regierungssitz der Dalei Lamas ein wichtiges religiöses Zentrum für die Tibeter. Beleg dafür sind täglich hunderte Gläubige, die nicht nur die riesige Anlage mehrfach umrunden, sondern auch das Innere aufsuchen. Bei der Besichtigung der Räume begegnen wir vielen Tibetern die andächtig vor den Heiligen verweilen, Opfergaben auslegen oder in eigens mitgebrachten Thermoskannen flüssige Butter in die aufgestellten Schüsseln mit Kerzendochten füllen und ein neues Licht entzünden. Wir als Besucher können bei unserem Rundgang nur einen Bruchteil der 999 Räume besichtigen. Die Privatgemächer der Dalei Lamas, deren Gräber sowie eine Vielzahl kleiner Kapellen und Zeremonienhallen sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Größe der Anlage ist ebenfalls beeindruckend und umfasst ein Areal von ca. 350 x 300 Meter. Dieses liegt auf dem 130 Meter hohen Berg „Mar-Po-Ri“, was übersetzt „Roter Berg“ bedeutet. Die tiefe Religiosität der Einheimischen fiel uns auch im Stadtbild sofort ins Auge. Besonders beeindruckend waren dabei die Gläubigen die in wiederkehrender Reihenfolge zunächst die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sich anschließend auf den Boden werfen, danach aufstehen und ein paar Schritte laufen und wieder mit der Abfolge von vorn beginnen. Dabei handelt es sich nicht nur um ältere Menschen, wie man meinen könnte. Junge Frauen und Männer stehen dem in nichts nach. Insbesondere vor dem „Jokhang Tempel“, dem Zentralheiligtum im Herzen der Stadt, sind diese ausgeprägten Gebete zu beobachten. Uns als Nichtgläubige beeindruckte diese Zeremonie außerordentlich, ist sie doch ein Gradmesser für die starke Verwurzelung der Tibetaner mit ihrem Glauben.
Ein Gespenst geht um in China – das Gespenst eines freien Tibets. Wo Dialog nicht möglich oder gewollt ist, muss mit Gewalt der Wille gebrochen werden. Die Angst vor einem Aufbegehren sitzt bei der chinesischen Regierung tief. Wenn schon im eigenen Kulturbereich bei jedem Widerspruch reflexartig die Knüppel zur „Problemlösung“ bemüht werden, steht es um den aus chinesischer Sicht minderwertigen Tibeter noch schlechter. Neben offensiver Prävention haben die Chinesen in den letzten Jahren aber auch einen schleichenden „Genozid“ eingeleitet – natürlich nur zum Wohle Tibets. Man siedelt einfach massenhaft Chinesen um, gewährt diesen jegliche Vergünstigungen und macht aus den Einheimischen eine Randgruppe im eigenen Land. Nebenbei wird die einmalige tibetische Kultur durch Umerziehungsprogramme gleichgeschalten und auf einen regierungsfreundlichen Kurs gebracht. Zuvor wurde schon die Geschichte verdreht und am Ende ist Tibet seit Jahrtausenden ein Hort der chinesischen Kultur und somit dem Vaterland China bedingungslos zugehörig. Lhasa wirkt äußerlich friedlich, aber unter der Decke brodelt es. Das irgendetwas nicht stimmt, lässt die permanente Polizei- und Militärpräsens in der Innenstadt rund um den „Barkhor Square“ schon vermuten. Seit den Demonstrationen im Jahr 2008 wird der Innenstadtkern systematisch überwacht, um erneute Proteste zu verhindern. Auch die Feuerlöscher an den Außenseiten des Platzes sind Beleg dafür, zünden sich doch regelmäßig Mönche aus Protest öffentlich selbst an. Der Grund für die anhaltende Unzufriedenheit liegt in der Unterdrückung der tibetischen Bevölkerung. Der durch die Regierung gesteuerte Zuzug von Chinesen führt dazu, dass zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt die Tibeter zu Gunsten der Chinesen verdrängt werden oder nur ein Drittel der üblichen Bezahlung erhalten. Auch bekommen die zugezogenen Chinesen jahrelang Vergünstigungen gewährt, wie zum Beispiel die kostenlose Krankenversicherung. Auf der anderen Seite müssen tibetische Gewerbetreibende höhere Steuern zahlen als die Chinesen. Neben der fiskalischen Benachteiligung beschränkt der chinesische Staat auch das Ausleben der tibetischen Kultur, ein Grund übrigens warum unser Guide ins Ausland zur Schule geschickt wurde.
Mönche, die sich gegen die Beschränkung ihrer Religionsausübung wehrten, wurden massenhaft verschleppt und umgebracht oder in Umerziehungslager gesteckt, wo sie auf einen regierungstreuen Kurs gebracht werden. Ergebnisse dieser Umerziehung sind dann Klöster wie die „Sera Monastery“ in Lhasa, wo von einst 7.000 Mönchen nur noch 1.000 leben. Die “Umerzogenen“ dürfen dann von Touristen bei öffentlichen Diskussionsrunden besucht werden, wo sie zwar unter Aufsicht der Staatsmacht das äußerliche Ritual pflegen dürfen, der Inhalt sich aber um Belanglosigkeiten des Lebens dreht. Die offizielle chinesische Seite sieht sich im Gegensatz dazu als Befreier Tibets vom Joch verschiedener internationaler Mächte. Mit dem Einmarsch 1950 in Tibet wurden die Tibeter ebenfalls aus ihrer Rückständigkeit gerissen und können seitdem am chinesischen Fortschritt teilhaben. Bezüglich der Lebensbedingungen mag dies auch stimmen, doch mit welchem Preis ist das verbunden. Aus unserer Sicht würde die Mehrzahl der Menschen lieber ärmer, dafür aber frei leben. Eine grundlegende Veränderung diesbezüglich kann und wird es wohl nur mit demokratischen Veränderungen in China selbst geben. Wir werden sehen, welche Veränderungen die Zukunft für Tibet bereithalten wird.
Unser erster Ausflug außerhalb Lhasas führte uns zum Namtso Lake, dem mit 4.718 m höchstgelegenen Salzsee weltweit. Bei frostigen Temperaturen starteten wir am frühen Morgen unsere Tour zum 250 km entfernt liegenden See. Jigme, unser Fahrer, hatte seinen Toyota Land Cruiser für uns blitzblank poliert und so konnte es losgehen. Nicht grundlos schlichen wir den ersten Teil der Strecke gemütlich über Tibets Straßen, mussten wir doch in regelmäßigen Abständen an Polizeikontrollen stoppen. Nein, nein… diesmal war es nur eine Geschwindigkeitskontrolle. An jedem Kontrollpunkt bekamen wir eine Zeit auf einen Zettel geschrieben, welche uns vorgab wann wir frühestens am nächsten Punkt zu erscheinen haben. Dies soll der Verkehrssicherheit dienen und die Raser bremsen. Resultat dieser Parodie ist, dass der Großteil der Fahrzeugführer trotzdem rast und dann ein Stück vor der nächsten Kontrolle eine Pause einlegt. Denn wer zu früh erscheint, bezahlt bereits ab der ersten Minute 200 RMB (ca. 22 €).
Die erste Zwischenstation auf dem Weg zu unserem Tagesziel stellte der „Old Pass“ mit seinen 5.190 m dar. Nicht nur die kalte steife Brise sondern auch die Höhe machten den Aufenthalt dort unangenehm. Zum Ausgleich wurden wir zumindest mit einem fantastischen Ausblick auf den Namtso Lake entschädigt. Ein Stündchen später erreichten wir auch schon den See. Malerisch eingerahmt von einer Kette schneebedeckter Berge breitete der See sein tiefblaues Wasser aus. An den Ufern des wunderschönen Gewässers verdienten sich die Einheimischen mit Scharen von Touristen ihr Geld. Auf` s Yak setzen, drei Schritte rückwärts ins Wasser, Foto machen und alles ist toll. Wir probierten es auch mal aus. Stimmt. Beim anschließenden Spaziergang entlang des See` s kamen wir ganz schön aus der Puste. Mit letzter Kraft schleppten wir uns ins nahe gelegene Touristendörfchen und verschnauften erstmal. Die Höhe machte uns heute ganz schön zu schaffen. Nicht nur Sauerstoffmangel, auch Kopfschmerzen quälten uns. So waren wir auch nicht böse den Heimweg in Richtung flacherer Gefilde wieder anzutreten. Einen etwas skurrilen Zwischenstopp hielten unsere beiden Guides doch noch für uns bereit. Der Besuch eines „Thermalbades“. Welche unterschiedlichen Vorstellungen das in den Köpfen auslösen kann, erlebten wir dann wenig später vor Ort. Von außer sah das Gebäude noch relativ akzeptabel aus. Beim Betreten der Halle zeigte sich allerdings, dass der Zahn der Zeit hier bereits mächtig genagt hatte. Die beiden Schwimmbecken, von denen nur eins gefüllt war, hatten ihren Zenit auch schon überschritten. Zwar waren sie mit diversen Topfpflanzen schön eingerahmt, aber die braunen Ränder ließen sich damit nicht übertünchen. Auf der Wasseroberfläche spiegelte sich im Sonnenlicht ein nicht näher definierbarer Belag. Wir redeten uns ein, dass das die Minerale sein müssen. Neben den Becken spielte eine Gruppe junger Tibeter bei Schnaps und Zigaretten Mahjong. Die Umkleideräume auf der gegenüberliegenden Stirnseite wirkten auf uns wie der Eingang zur Hölle. Hier sollten wir baden gehen? Unsere beiden Guides fragten uns immer wieder eindringlich, ob wir nicht die Chance nutzen wollten, um ins Wasser zu springen. Um eine diplomatische Antwort bemüht, stotterten wir uns etwas ab und schoben es auf die fehlenden Badesachen. Erleichterung machte sich bei uns breit als wir endlich weiterfahren konnten, ohne einen Fuß in die Fluten gesetzt zu haben. Der Eintritt ist übrigens frei.
Unsere Zeit in Lhasa endete bereits am nächsten Tag. Gemeinsam brachen wir am Morgen in Richtung Shigatse auf, der zweitgrößten Stadt Tibets. Die Fahrt dorthin führte uns entlang des malerischen Yamdrok Sees, vorbei am Kharola Gletscher und der religiösen Hochburg Gyanstse bis wir schließlich in die fruchtbare Ebene vor Shigatse eintauchten. In der etwas staubigen Stadt Shigatse besuchten wir nur noch die „Palkhor Chode Monastery“ und trafen dabei zufällig wieder auf die deutsche Reisegruppe aus der Tibetbahn. Für den Abend verabredeten wir uns gleichmal mit Günther an der Hotelbar, wo wir dann bei zwei, drei Büchsen Bier die Erlebnisse der vergangenen Tage austauschten. Trotz allem suchten wir recht früh unser Bett auf, stand doch am nächsten Tag die lange aber sehnsüchtig erwartetet Etappe zum Mount Everest Basecamp auf dem Programm.
Nach dem Start am Morgen brauchten wir gut drei Stunden bis wir zum ersten Mal einen Blick auf den Mt. Everest erhaschen konnten. Ein ergreifender Moment, auch wenn der Berg von weitem eher noch einem schneebedeckten Hügel glich. Um den Mt. Everest Nationalpark betreten zu können, benötigten wir übrigens neben Eintrittskarten noch eine weitere Erlaubnis – Die „Alien`s Travel Permit“. Ja richtig gehört, damit sind wir gemeint. Die Chinesen bezeichnen die Erlaubnis für Ausländer so, warum auch immer. Nach dem letzten Militärposten war der Weg frei. Auf einer mehr oder weniger komfortablen Staubpiste quälte sich unser Jeep zunächst 30 km bergauf. Beim Erreichen des Scheitelpunktes blieb uns dann der Mund offen stehen. In der Mitte des Bergpanoramas erhob sich der Mt. Everest und strahlte im leuchtenden Weiß vor dem tiefblauen wolkenlosen Himmel. Unser Fotoapparat glühte in den nächsten Minuten, mussten wir doch die einmalige Chance dieser Bilderbuchansicht für jede Menge Schnappschüsse nutzen. Noch war das Ziel aber nicht erreicht, denn es lagen noch gut 70 km teils widriger Pisten vor uns. Gut zweieinhalb Stunden später hatten wir es aber geschafft. Am Ende eines Tales erschien „der Berg der Berge“ und gab sein ganzes Antlitz ungehindert frei. Im ersten Moment konnten wir es gar nicht richtig fassen, angekommen zu sein. Alles kam uns so plötzlich und unerwartet, vielleicht auch ein bisschen unwirklich vor. Wir mussten uns kneifen, um den Augenblick richtig realisieren zu können. Die letzten Meter bis zum Basecamp I vergingen dann wie im Flug. Im Zeltlager, das direkt am Weg zum Fuße des Berges lag, bezogen wir nur schnell Quartier und fuhren im Anschluss noch näher an den Berg heran. Der „Qomolangma“, wie der Berg von den Tibetern auch genannt wird, präsentierte sich uns weiterhin bei wolkenlosem Himmel. Wir verharrten einfach nur ehrfürchtig bei diesem Anblick und genossen jede Minute. Eine halben Stunde später traten wir dann frierend wieder den Rückweg ins Zeltlager an, von wo aus wir noch den Sonnenuntergang beobachteten. Den Abend ließen wir dann gemeinsam mit unseren Guides im Zelt ausklingen. Besonders erfreuten sich die Tibeter an unserer Einführung in deutsche Sitten und Gebräuche. Das Highlight dabei war zweifellos unsere Tanzeinlage mit der Präsentation des “Disko Fox“ zur Musik von Roland Kaiser. Die ausgelassene Stimmung begossen wir noch mit einem Abschlussbierchen bevor es dick eingemummelt in die Betten ging. Der kleine Ofen im Zelt, welcher übrigens mit getrocknetem Yak- und Ziegenkot beheizt wird, hatte aber ganze Arbeit geleistet. Die gesamte Nacht herrschten angenehme Temperaturen im Zelt trotz der Höhenlage.
Unser letzter Tag in Tibet brach an. Noch vor dem Frühstück schauten wir uns den Sonnenaufgang am Mt. Everest an und gaben im Anschluss noch ein paar Karten beim höchsten Postamt der Welt auf. Es war Zeit Abschied zu nehmen. Bei einem letzten Stopp blickten wir noch einmal gebannt auf diesen naturgeschaffenen Giganten zurück und schlossen das Bild für immer in unsere Gedächtnisse ein. Die nächsten Stunden quälte sich unser Jeep über bucklige Pisten bis nach „Old Tingri“. In einem tibetischen Restaurant ließen wir uns noch einmal das typische Essen schmecken, bevor wir den letzten Abschnitt bis zur nepalesischen Grenze antraten. Zwei Stunden später erreichten wir einen letzten Pass auf über 5.200 m. Von dort aus bot sich uns nochmals ein einmaliges Panorama auf den gesamten Ost-Himalaya. Wie auf eine Perlenkette gefädelt, reihten sich im Halbkreis die schneebedeckten Gipfel aneinander und wirkten aufgrund unserer eigenen Höhe vergleichsweise klein. Im Anschluss fuhren wir nur noch bergab und erreichten gut 3.200 m tiefer den Grenzort Zhangmu. In den knapp 90 min Autofahrt hatte sich die Landschaft komplett verändert. Von den trockenen spärlich bewachsenen Höhenlagen aus tauchten wir in eine saftig grüne Pflanzenwelt ein.
Die an den Berghängen liegende Stadt Zhangmu hielt für uns dennoch nur Stress und Hektik bereit. Die einzige Verkehrsader des Ortes war völlig mit LKW` s verstopft, die ihre Waren im Grenzort umschlugen. Beim zweiten Versuch fanden wir etwas später auch ein Hotel, was halbwegs bewohnbar war, aber horrende 40 € kostete – eine richtige Grenzstadtabzocke. Mit dem Beginn des nächsten Tages hieß es für uns Abschied nehmen, nicht nur von unseren beiden Begleitern, sondern auch von Tibet bzw. China. Nach drei Monaten Aufenthalt ging für uns eine wunderschöne und erlebnisreiche Zeit zu Ende. Wie immer blicken wir aber nach vorn und freuen uns auf neue Abenteuer in einem neuen Land…
Bis zum nächsten Mal aus Nepal
Eure zwei Weltreisenden
Angie & Thomas