Entschleunigung

Location: Don Det – 4.000 Inselreich im Mekong (Laos)
Wetter: Regensaison mit Sonne, Wolken und gelegentlich Regen
Zeitunterschied: + 5 Std.

Etwas verschlafen erreichten wir am Morgen, nach zehn Stunden im Nachtbus, die Hafenstadt Sihanoukville im Süden von Kambodscha.  Auf den „Tuk – Tuk“ Fahrer unseres nächsten Hostels war Verlass. Geduldig wartete er bereits mit einem „Angie“ Schildchen in der Hand auf unsere Ankunft. Der Weg zu unserer Unterkunft verdiente sich dann mit Fug und Recht den Zusatz „steinig“. Führte die Fahrt zunächst noch über asphaltierte Straßen, änderte sich dies im Verlauf abrupt und endete auf einem für die Gegend typischen Feldweg aus roter Erde. Gut durchgeschüttelt erreichten wir unser Ziel den“ Mushroom Point“ am Otres Beach außerhalb der Stadt.

Sihanoukville – die wichtigste Hafenstadt Kambodschas, liegt auf einer Halbinsel direkt am Golf von Siam. Aufgrund der Lage entlang einer Hügelkette und der damit verbundenen räumlichen Trennung zwischen einzelnen Stadtteilen verfügt sie über kein geschlossenes Stadtbild. Auch die Architektur der im wirtschaftlichen Aufbruch befindlichen Stadt entstammt eher einem chinesischen „Einheitsbreikatalog“. Wie so oft in Asien wird eher in die Höhe als die Breite gebaut und dabei auf kräftige Farben und Chrom zurückgegriffen. Die restlichen Gebäude der Stadt erwecken den Eindruck von Vorläufigkeit. Summa Summarum ist Sihanoukville keine Stadt, in die sich europäische Augen verlieben würden. Den fehlenden Charme des Urbanen machen die Strände zum Teil wieder gut. Während sich an den Stadtstränden eine Bar an die Nächste reiht und selbst in der derzeitigen Nebensaison durch viele Touristen frequentiert wird, verirrt sich an den außerhalb gelegenen Otres Beach kaum jemand. Die dortige Küstenlinie verfügt nur über eine begrenzte Zahl an einfachen Strandrestaurants, sodass fast jeder Besucher in den Genuss kommt, dort ein Lokal für sich zu proklamieren. Der malerische Otres Beach mit seiner Bilderbuchaussicht lädt so zum unbeschwerten Verweilen und Relaxen ein.
Hinter der Strandlinie mit den Restaurants und parallel zum Strand verläuft der je nach Wetterlage mal staubige oder matschige Feldweg in Richtung Stadt. An diesem Weg liegen die kleinen runden Bungalows unseres Hostels, die mit ihren Schilfdächern ein echter Blickfang sind. Hier sollte unser „Relaxhopping“ durch Kambodscha beginnen. Für zwei Tage streckten wir am Strand die Beine aus und ließen uns durch Nichts stören….

Der nächste Ort der Entspannung sollte ein ca. 20 Kilometer vor Sihanoukville gelegenes Island namens „Koh Rung“ sein. Die derzeit noch im Dornröschenschlaf liegende Insel hat eine große Zukunft vor sich, wenn es nach einigen regionalen Größen der Tourismusbranche geht. Zum Glück blieben wir von diesen Vorstellungen verschont und konnten das Eiland in seiner ursprünglichen Art genießen.
Der Minibus des Reisebüros brachte uns direkt bis zum Anleger des Fischereihafens und versetzte uns so mit einem Schlag in eine andere Welt. Herrschte in der Stadt noch ein gewisser Wohlstand wurden wir nun mit purer Armut konfrontiert. Hunderte auf morschen Holzpfählen stehende Hütten wucherten in die Hafenbucht hinein bis ihnen die Physik Grenzen setzte. Unmengen an Müll trieben im Wasser umher bis sie ans Ufer gespült  und dort eine neue Schicht aus Abfall bildeten. Das fahle Licht, welches durch die Ritzen der Hütten fiel, gab den Blick auf die ärmlichen Nachtlager der Fischer frei. Ein Ort zum Leben, den man niemanden wünscht.
Am heutigen Tag war unsere Fähre ein umgebautes Fischerboot. Äußerlich einem schwimmenden potemkinschen Dorf gleich, ist es dennoch fit genug den Großteil des Transportaufkommens der Insel zu bewältigen. Und so tuckerten wir gemütlich Koh Rung entgegen und erreichten die Insel nach gut 2 ½ Stunden wohlbehalten.
Koh Rung ist wirklich noch sehr ursprünglich. Der etwas in die Jahre gekommene Schiffsanleger vermittelt den Eindruck, dass die Zeit vor dreißig Jahren stehen geblieben ist. Über den weißen Sand des Strandes stampften wir bis zu unserem Hostel, das am Ende der Bucht an einem Hang lag. Wir hatten wiedermal Glück und bekamen am ersten Tag einen der Bungalows direkt am Strand. Wie zuvor am Otres Beach hieß es nun wieder Beine hochlegen und relaxen. Alles lief wunderbar, wären da nicht die Quälgeister in der zweiten Nacht gewesen. Kleine eklige Bettwanzen bevölkerten unser Bett. Nachdem wir fünf gekillt hatten, entschlossen wir uns trotzdem, fern unseres Bettes draußen auf der Terrasse zu nächtigen. Zum Glück verließen wir am Morgen die Insel. Seitdem hoffen wir, dass wir keine Nachfahren der Tierchen in unserem Gepäck mitgeschleppt haben.
Olly`s Place ein schlichtes, aber schön gelegenes Hostel an den Ufern des „Teuk Chhou“-Flusses war unsere nächste Station auf der Reise durch Kambodschas Süden. Mit einfachen Mitteln lockt hier seit 8 Monaten der belgische Inhaber „Olli“ Scharen von Besucher an. Einmal da, wurde uns Olli nicht mehr so schnell los. Sieben Tage lang machten wir es uns auf der Terrasse am Fluss gemütlich und schauten dem Wasser beim Fließen zu. Nicht ganz… aber fast. Da die nahe gelegene Stadt Kampot alles ausstrahlt – außer Schönheit – waren die Aktivitäten im Umfeld relativ begrenzt. Bis auf einen Halbtagesausflug mit dem Moped zur nahegelegenen Küste und dem Besuch eines dort gelegenen Nationalparks fiel uns dazu nicht viel mehr ein, was aber auch kein Problem für uns darstellte, wollten wir uns doch „entschleunigen“.
Richtig Fahrt nahmen wir wieder Tage später in Phnom Penh auf, als eine 50 cm lange Schlange aus unserem Waschbeutel im Hostel fiel. Zum Glück sah der schnell herbeigerufene Besitzer das gute Stück noch, denn wenig später, als die einheimischen Häscher nahten, war die Schlange wie vom Erdboden verschwunden. Wo Informationen fehlen, machen sich Ängste breit. Uns bewegte die Frage: „Ist sie noch im Bad oder schon durch das Abwasserrohr davon geschlichen?“ Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie sich jegliche Aktivitäten im Bad bzw. auf Toilette in der nächsten Zeit abspielten. Beim Blick ins Wässerchen der Toilette durfte maximal eine oder keine Schlange zu sehen sein, abhängig davon ob Angie oder Thomas auf Toilette saß. Am letzten Abend war es dann soweit. Irgendetwas war zu viel in der Schüssel. Zum Glück bemerkten wir es, bevor jemand auf dem Topf saß. Das Hotelpersonal konnte den Eindringling mit einem Besen überwältigen und wir hatten endlich wieder unsere Ruhe. Wie sich herausstellte, handelte es sich nur um eine ungiftige Art. Aber wer weiß das schon vorher. Die Schlange haben wir vermutlich aus Kampot mitgebracht, wo sie in unseren Waschbeutel gekrochen sein muss. Hoffentlich vermisst Olli die Schlange nicht ;)?

Phnom Penh die Hauptstadt Kambodschas hat eins mit Berlin gemein: es wird an jeder Ecke gebaut. Etwas staubig und gepflastert mit den typischen Einheitsbauten hat Phnom Penh aber auch einige schöne Seiten zu bieten. Entlang des „Tonle Sap“ wurde eine Uferpromenade geschaffen, die zum Ausgehen einlädt. Von Restaurants und Hotels für jeden Geldbeutel bis zum kambodschanischen Tante Emma Laden in chinesischer Hand kann man dort alles finden. Über die Stadt verteilt, laden jede Menge herausgeputzter Tempel (Wats) zur Besichtigung ein und bilden so, neben dem prachtvollen Königspalast, die Hauptattraktion an alten historischen Gebäuden. Das meistbesuchte Museum der Stadt ist allerdings ein Relikt aus der Zeit der Diktatur der „Roten Khmer“. Das Foltergefängnis „S21“ (Toul Sleng) im Südwesten der Stadt diente Pol Pot` s Schergen zwischen 1975 -1979 als Konzentrationslager, um sich der intellektuellen Schicht Kambodschas zu entledigen. Mindestens 20.000 Menschen fanden in der eigens umgebauten Schule durch Folter qualvoll den Tod, nur sieben Menschen konnten bei der Befreiung gerettet werden.
Die Zeit in Kambodscha neigt sich dem Ende entgegen, da bald unser 30- tägiges Visum abläuft. Eine der letzten Busfahrten brachte uns nochmal in eine Stadt, nein es war ein Ort, den man besser nicht betreten sollte. „Kratie“ im Norden Kambodschas hätte Potential allein schon durch die Lage am Mekong. Beim „hätte“ bleibt es dann aber auch – denn die Stadt hat alles, um die Kulisse für einen schwarzweiß Indochina Kriegsfilm nach dem Ende der Schlacht zu stellen. Also lieber vorbeifahren und gleich nach Laos. Die Mekong Delfine kann man auch dort beobachten.

Grundsätzlich waren wir dennoch sehr angenehm von Kambodscha überrascht. Besonders Siem Reap ist dabei hervorzuheben. Außerdem sind die Menschen in Kambodscha unheimlich freundlich und aufgeschlossen. Der Kommunikation dienlich sind die relativ guten Englischkenntnisse großer Teile der Bevölkerung. Als Reisender hat man so die Möglichkeit, schnell ins Gespräch zu kommen und erfährt jede Menge aus dem Leben der Khmer. Wie sich der Tourismus in den nächsten Jahren weiterentwickelt, bleibt abzuwarten. Aus heutiger Sicht können wir Kambodscha als Reiseland auf alle Fälle empfehlen.

Derweil sind wir bereits im benachbarten Laos eingetroffen und haben dort auf der Mekonginsel „Don Det“ Quartier bezogen. Bis zum nächsten Bericht wünschen wir euch eine schöne Zeit, bleibt gesund und bis bald…

Eure zwei Reisenden

Angie & Thomas

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