Location: Chengdu
Wetter: tagsüber sommerlich warm, abends angenehm kühl
Zeitunterschied: + 6 Std.
Beim Blick aus dem Fenster huschten gerade die letzten Häuser der Pekinger Außenbezirke an unserem Zug vorbei. Je tiefer wir in die Dunkelheit eintauchten, umso schwächer wurden die Lichter der Stadt… bis sie am Horizont mit dem rotgrauen Schleier der Abenddämmerung verschmolzen. Ein wenig Wehmut machte sich in uns schon breit, verließen wir doch eine Stadt, die einen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen hat. Um uns herum saßen fröhlich gelaunte Chinesen, denen man die Vorfreude auf die Rückkehr in ihre Heimatstädte buchstäblich von den Gesichtern ablesen konnte. Wir blickten ebenfalls nach vorn, freuten wir uns doch auf unsere nächsten Reiseziele. Das Erlebte tragen wir dabei in unseren Herzen mit uns…
Völlig unerwartet strahlte der Himmel über Peking bei unserer Ankunft in einem satten Blau, sodass man hätte denken können, die nächsten Olympischen Spiele stehen vor der Tür. Der Genuss des Firmaments war uns aber nur kurz vorbehalten, mussten wir doch zunächst in den Untergrund abtauchen. Mit „Sack und Pack“ quetschten wir uns für ein paar Minuten in die überfüllte Pekinger Metro, um zu unserem Hostel zu gelangen. Nördlich der Innenstadt erblickten wir wieder das Tageslicht und legten die letzten Meter zu unserer Herberge zurück. Diese befand sich in einem der traditionellen Hutongs, welcher nicht einer Modernisierungswelle zum Opfer gefallen war. Nach dem Einchecken nahmen wir uns für den Rest des Tages nicht viel vor, außer Essen gehen. Die Suche nach einem Lokal gestaltete sich etwas schwierig und endete heute mal mit einem kleinen Fehlgriff. Es war aber auch schwierig das Richtige zu bestellen, da die englische handschriftliche Übersetzung der Speisekarte recht „dünn“ war. Das Problem sollte sich aber in den nächsten Tagen in Wohlgefallen auflösen.
Wie ist es nun in Peking, werdet ihr sicher fragen. Eine kurze und umfassende Antwort darauf zu geben, ist wie ihr euch sicher denken könnt, schwierig, da die Stadt zu viele Ambivalenzen in sich vereint. In Bezug auf alles Sehenswerte fiel uns beim Blick auf den Stadtplan aber sofort der Werbeslogan eines deutschen Schokoladenherstellers ein – „Quadratisch. Praktisch. Gut“. Zumindest in Punkto Orientierung gab es also keine Probleme. Behält man den geometrischen Blick bei und schaut in das Zentrum der Stadt findet man sogleich das wohl bekannteste Viereck Pekings – den „Tianamenplatz“. Im Deutschen ist er auch unter dem Namen „Platz des Himmlischen Friedens“ bekannt. Die Schönheit, auch dieser ebenerdigen Fläche, wird zweifellos durch ihre Bebauungen im Umfeld bestimmt und variiert je nach Auge des Betrachters. Der Platz beherbergt außer Maos Mausoleum die „Säule für die Helden des Volkes“, die „Große Halle des Volkes“ sowie das „Chinesische Nationalmuseum“. Wie die Namen der Gebäude schon verraten, wurde bei deren Größe eher „geklotzt als gekleckert“. Die vielen monumentalen Bauten für „Das Volk“ erinnerten uns stark an den „Größenwahn“ eines gewissen „Nicolae“ aus Bukarest…? Dennoch, der Platz hat irgendwie eine fesselnde Ausstrahlung, die aber nur schwer in Worte zu fassen ist.
Nach der Überquerung der großen Ost-West Magistrale im Norden des „Tianamen“ schließt sich die „Verbotene Stadt“ an. Der Weg dorthin führt durch das „Tor des Himmlischen Friedens“ – jenes Gebäude an dem ein Bild des wohl bekanntesten Opas Chinas hängt. Nach dem Durchschreiten dieser Pforte landet man leider nicht auf „Wolke 7“ sondern inmitten einer Ansammlung chinesischer Händler. Dort obliegt es dann jedem Einzelnen, ob er Dinge kauft, die nur ein Chinese gebrauchen kann. Mit zügigem Schritt erreicht man jedoch recht schnell die Tore zum Inneren der Stadt. Ein Besuch der „Verbotenen Stadt“ ist natürlich ein „Muss“ und lohnt sich auf alle Fälle, auch wenn man vielleicht schon jede Menge Tempel auf seiner Reise durch China gesehen hat. Wir ersparen uns eine Aufzählung aller Einzelheiten aber nicht ohne den Hinweis, auch einmal rechts und links der Hauptroute einen Blick hinter die Mauern zu werfen. Nach der Besichtigung wechselt man am Nordausgang der „Verbotenen Stadt“ die Straßenseite, um im dort gelegenen „Jingshan Park“ den Hügel mit dem darauf befindlichen Tempel zu besteigen. Fast besser als das eigentliche Erlebnis „Verbotene Stadt“ offeriert dieser Aussichtspunkt einen fantastischen Blick über die gesamte Anlage. Auch der letzte Kaiser Chinas fand den Blick von dort oben wohl einzigartig und sicherte sich an einem Ast hängend einen der begehrten Aussichtsplätze.
Natürlich besteht Peking nicht nur aus „Sightseeing“ sondern sollte bei einem längeren Aufenthalt auch ein wenig Genuss beinhalten. Gleich am zweiten Abend fanden wir auf der Pekinger Einkaufsmeile einen netten Bierstand mit frischem chinesischem Fassbier. Nach ein paar Gläsern trafen wir dort auch ein nettes deutsche Pärchen im mittleren Alter. Und wie es sich so ziemt, folgte ein Bier dem Nächsten bis irgendwann alle Geschäfte ringsum schon geschlossen waren und nur noch die Pekinger Stadtreiniger ihre Arbeit im Umfeld versahen. Es war ein richtig netter Abend gewesen und so verabredeten wir uns gleich nochmal für den nächsten Tag. Drei Tage lang warteten wir noch auf Rita und Guido in Folge… danach gaben wir es auf. Aber kein Problem ihr Beiden… es war trotzdem nett. Also schöne Grüße nach Kirchworbis 😉
Und wo wir gerade beim Thema Genuss sind … ein richtig gutes Restaurant war nach zwei Tagen ebenfalls aufgetan. Die typische „Sichuan Küche“ ist uns seitdem ans Herz gewachsen.
Das Thema „Mauer“ begleitet uns beide ja schon seit unserer Geburt, so auch in Peking. Etwa 70 km nördlich der Stadt verläuft die „Great Wall“. Wir wählten den wohl bekanntesten Abschnitt des Bauwerkes in „Badaling“ für einen Besuch aus, da dieser auch ohne eine Tour zu buchen, problemlos erreichbar war. Wie fast alles im Leben hat die Sache natürlich auch einen Haken. Unmengen an Touristen sowie das einschlägige chinesische Händlervolk behinderten teilweise das ungestörte Vergnügen der Besichtigung. Nach ein paar Metern bergauf lagen die lautstarken Händler hinter uns und etwas später bog die Schlange an chinesischen Touristen zum Glück in die andere Richtung auf die Mauer ab. Und so konnten wir „fast allein“ auf unserem Abschnitt herum spazieren und genossen dabei den tollen Ausblick auf den wohl bekanntesten Teil der Mauer. Recht schnell stellten wir auch fest, welche Meisterleistung beim Bau dieses Weltwunders vollbracht wurde, schmiegen sich doch viele Abschnitte an so steile Hänge, dass diese nur kletternd auf allen Vieren erklommen werden können. Nach unserem Besuch der Mauer schlenderten wir noch ein wenig in der Gegend herum und fanden nahe dem örtlichen Bahnhof ein kleines Dorf. Die Anzahl derer, die dieses Dorf ebenfalls besuchten, ging gegen null. Und so genossen wir in absoluter Stille unser Mittagsmahl und kein „Schmatzen“ war weit und breit zu hören.
Neben moderner Architektur hat Peking natürlich auch jede Menge Traditionelles zu bieten. Die schon angesprochenen Hutong- bzw. Siheyuanviertel sind dabei ein wichtiger Bestandteil des historischen Pekinger Stadtbildes. In den letzten Jahrzehnten mussten viele dieser Gebiete moderneren Wohnanlagen weichen, da sie veraltet waren und nicht genügend Menschen Platz zum Wohnen boten. Seit einigen Jahren jedoch besinnen sich die Pekinger Stadtväter wieder vermehrt auf die alten Werte und fördern so auch den Erhalt dieser Viertel. Als Ergebnis dieses Umdenkens erstrahlen heute wieder einige der „Hutongs“ in ihrem alten Glanz und zeigen anschaulich, wie die Menschen dort bereits in der Vergangenheit gelebt haben. Die zwischen den Wohnhäusern verlaufenden schmalen Gassen sind dabei kennzeichnend für die Hutongviertel. Die Mauern der alten Gebäude haben aufgrund der Materialwahl eine tief graue Farbe. Einzig die roten Eingangstore stechen aus dieser Monotonie heraus und sorgen für etwas Abwechslung im Farbspektrum. Uns machte es viel Spaß durch die engen Gassen zu schlendern und die Menschen bei ihrem täglichen Leben zu beobachten, bekamen wir doch so einen unverfälschten Blick auf die Einheimischen. Ob beim Kartenspielen im Gemeinschaftsraum, dem Pläuschchen auf der Straße oder in einem der vielen kleinen Restaurants – in den Hutongs kommt man den Pekingern sehr nah.
Ein Thema müssen wir aber noch ansprechen, da es uns gerade in den Hutongs auffiel. Sehr viele Chinesen besitzen Hunde – vorrangig Pudel und andere kleine „Quäker“. Sehr oft beobachteten wir, mit welcher Freude die Menschen ihre „Lieblinge“ ausführten. Dabei muss es in unserer Gasse so viele Hunde gegeben haben, dass sich die Autobesitzer genötigt sahen, an ihren geparkten Fahrzeugen die Reifen mit Holzplatten und Ähnlichem abzudecken, da Unmengen der „Bellos“ täglich dagegen urinierten. Also nichts da, mit dem Vorurteil des hundeessenden Chinesen. Bis auf ein paar Chinesen im Süden des Landes essen die meisten nämlich keine Hunde.
Im Vergleich zu anderen Großstädten Chinas hinkt Peking in Punkto moderne Architektur noch ein wenig hinterher, ist aber auf dem besten Weg, den Rückstand aufzuholen. Lässt man einmal die traditionellen Viertel aus, fallen aber viele Gebäude aus der Mitte des letzten Jahrhunderts zu Recht der Abrissbirne zum Opfer, da sie alles andere als schön sind. Auch im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ist ein rigoroser Ausbau unumgänglich. Wie ihr schon unserer Einleitung entnehmen konntet, ist die Metro immer gut gefüllt und auf den Straßen sieht es oft nicht besser aus. Umso weiter man in Richtung der Außenbezirke kommt, umso grauer, gleichförmiger und höher werden die Häuser. Aber auch hier zeigen sich schon deutliche Fortschritte bezüglich neuer Bauvorhaben. Riesige neue Wohnviertel für die stetig steigende Zahl an Einwohnern werden aus dem Boden gestampft, um der prekären Lage auf dem Wohnungsmarkt Herr zu werden. Die neuen Wohngebiete werden zwar nie einen Schönheitspreis gewinnen, bieten aber zumindest ein mehr an Komfort für die Bewohner.
Wie auch schon in anderen Großstädten fiel es uns schwer eine belastbare Antwort bezüglich des Wohlstandes der Menschen zu treffen, da das Bild etwas diffus ist. Schaut man sich nur das Einkaufsverhalten der Menschen an kommt man schnell zum Schluss, dass die Menschen zu viel Geld haben müssen. Auch die Dichte an Luxusshoppingcenter in Verbindung mit dem nicht abreißenden Strom an Kundschaft dort lässt einen nicht aus dem Staunen herauskommen. Es gibt eine nicht übersehbare Schicht an reichen Chinesen für die das Wort „Sozialismus“ keinerlei Bedeutung mehr hat. Das Motto dieser Menschen scheint auch zu lauten: Wer hat der kann… zeigen was er hat. Die Dichte an deutschen Luxusautos ist beeindruckend… selten so viele Porsche gesehen wie hier, sieht man mal vom Firmenparkplatz in Zuffenhausen ab. Aber auch der Mittelschicht scheint es nicht schlecht zu gehen. Auch sie konsumieren bis sich die Balken biegen. Im krassen Gegensatz dazu steht die Zahl der armen Wanderarbeiter, die sich mit einfachen Tätigkeiten über Wasser halten müssen. Auch eine nicht geringe Zahl an bettelnden Menschen bzw. Menschen die sich durch Flaschensammeln ihren Lebensunterhalt verdienen, trifft man ständig in der Stadt an. Man möchte sie am liebsten mal fragen, warum ihnen die Kommunistische Partei Chinas nicht hilft. Das Interesse an den Zuständen aus dieser Richtung ist aber gleich null. Denn es geht nur um den Machterhalt einer Partei. Wie das System darum heißt, ist dabei völlig egal. Und wo wir gerade beim Thema Politik sind. Auch in Peking bekamen wir davon wenig mit. Keine Parolen oder sonstige Propaganda schmückten irgendwelche Hauswände. Nichts. Der Staat ist natürlich immer präsent, hält sich aber meist im Hintergrund auf oder wacht mit Hilfe tausender Kameras. Die Menschen scheinen sich für das Thema aber auch nicht sonderlich zu interessieren, wie wir aus einigen Gesprächen erfuhren. Der Tenor lautete eher: „So lange wir genug zu essen haben, ist uns der Rest egal“. Da stimmt dann auch die Partei mit ein und lässt ungehinderten Konsum zu.
Ein passendes Thema in diesem Zusammenhang ist – die Ente. Ja richtig gehört, wir meinen die berühmte „Peking Ente“. Angie hatte sich in den Kopf gesetzt, diese auszuprobieren. Was das Essen betrifft bin ich ja nie abgeneigt und so leistete ich ihr Gesellschaft. Da wir noch nie „Peking Ente“ gegessen hatten, war die Überraschung umso größer als uns diese serviert wurde. Es sei angemerkt, dass wir zuvor nur eine halbe Ente geordert hatten, in der Annahme es könnte zu viel werden. Selbst wenn es eine Ganze gewesen wäre, der Adler fiel recht mickrig aus. Nach den professionellen Schnitten des Koches stürzten wir uns auf das wenige Fleisch, was aber gut schmeckte. Nun gut, ich freue mich jetzt schon auf Papas Gans zu Weihnachten, da hat man wenigstens was zum Knabbern in der Hand. Und wo wir gerade beim Thema Fleisch sind, ist Fett natürlich auch nicht so weit entfernt. Wir haben uns auch in Peking wieder sportlich betätigt, soll heißen, wir bewegten uns zu Fuß über das normale Maß hinaus. Aufgrund des quadratischen Grundrisses der Stadt konnten wir unsere täglichen Routen recht gut auf der Karte nachverfolgen und waren erstaunt, dass wir fast jeden Tagen zwischen 12-15 km zu Fuß zurückgelegt hatten. Hut ab!
Bis hinaus zum Olympia Park mit seinem weltbekannten „Vogelnest“ sind wir allerdings nicht gelaufen. An einem späten Nachmittag machten wir uns mit der Metro dorthin auf und schauten uns das riesige Olympiagelände an. Neben dem Stadium gibt es noch weitere Sportstätten zu besichtigen, wie die am Abend in „Blau“ gehüllte Schwimmarena. Auch die Chinesen sind noch heute völlig begeistert und stolz auf dieses Megaereignis in Peking. Davon zeugen auch die täglichen nicht abreißenden Besucherströme zum Areal.
Neben den genannten Sehenswürdigkeiten gibt es in Peking noch jede Menge Weiteres zu entdecken. Da wir aber irgendwann ein Ende finden müssen, schließen wir mit einem abschließenden Tipp: Wer sich gerne Parks und Tempel anschaut dem sei gesagt, dass sich der Besuch des Sommerpalastes wirklich lohnt. Den „Himmelstempel“ mit seinem Park kann man sich hingegen aus unserer Sicht sparen und stattdessen lieber den “Beihai Park“ mit der weißen Pagode anschauen. Wer genug Zeit mitbringt, kann sich natürlich auch das ganze Programm genehmigen.
Das Fazit unseres Pekingaufenthalts fällt sehr positiv aus, auch wenn wir gelegentlich etwas überspitzt formulieren. Es soll ja Spaß machen zu lesen. Die Stadt ist voller Leben und das rund um die Uhr. Viele noch erhaltene traditionelle Bereiche laden zum Verweilen ein und geben authentische Einblicke in das Leben der Menschen. Die Parks der Stadt sind wahre Oasen und bieten reichlich Abwechslung zum Getöse auf den Straßen. Es gibt jede Menge Sehenswürdigkeiten, die es auch würdig sind gesehen zu werden. Nicht zu Letzt fanden wir hier das vielfältigste Angebot der verschiedensten chinesischen Küchen zu moderaten Preisen vor. Insgesamt versprüht diese Metropole einen Charme der nur schwer zu beschreiben ist. Am nächsten kommen vielleicht die Worte aus unserer heutigen Überschrift: Ein lebhafter Mix Chinas.
Nach insgesamt 12 Tagen in Peking wurde es wieder Zeit weiterzureisen. Auch dabei galt es wieder einige Probleme zu bewältigen, waren doch alle Tickets für die Schlafwagen lange vor unserem Reisetermin vergriffen. Da ein Flug nach Chengdu aufgrund der heranrückenden Ferienzeit Anfang Oktober fast 250 € pro Person gekostet hätte, fiel die Entscheidung letztlich doch wieder auf den wesentlich billigeren Zug. Aber leider nur mit Platz im Sitzabteil.
Das nächste Mal werden wir uns dann schon aus Tibet melden. Alle erforderlichen Papiere sind genehmigt, sodass unserer Reise nach Lhasa nichts mehr im Wege steht.
Bis dahin wünschen wir euch alles Gute und eine schöne Zeit.
Eure zwei Weltreisenden
Angie & Thomas