Living in a box

Location: Hangzhou
Wetter: warm
Zeitverschiebung: + 6 Std.

Völlig unvorbereitet erreichten wir Macau – kein Hotel – kein Stadtplan – keine Ahnung wohin – ein eher seltener Zustand während unserer Reise. Zum Glück herrscht im „Las Vegas des Ostens“, wie die Stadt auch genannt wird, ein beständiges subtrophisches Klima, sodass wir im Notfall auch auf einer Parkbank hätten nächtigen können.

Macau lebt hauptsächlich von den zahlreichen Casinos in der Stadt. Den damit verbundenen Service eines kostenlosen Transportes machten wir uns zu Nutze und gaben vor in einer der Luxusherbergen nächtigen zu wollen. Am 5- Sterne Hotel angekommen war zum Glück kein Zimmer mehr frei, sodass wir die gestrandeten Touristen ohne Dach über dem Kopf spielen konnten. Unsere Rucksäcke wurden eingelagert und wir hatten alle Hände frei für die weitere Hotelsuche. Schnell mussten wir jedoch feststellen, dass es am Wochenende schwierig ist, überhaupt eine Unterkunft zu finden. Wir entschlossen uns daher mal wieder, eine Nacht bei Mc Donalds sowie in den Casinos zu verbringen.
Mit 10 Macau Pataca im Plus (ca. 1 Euro) erblickten wir am nächsten Morgen wieder das Licht der Welt und stärkten uns gleich mal zünftig beim „Bulettenröster“. Bereits in der Nacht hatten wir noch im Internet ein nettes Hotel gebucht und so war jetzt die Vorfreude groß, dieses beziehen zu können.
Da acht Uhr morgens noch etwas zu früh für die Übernahme des Zimmers war, verdingten wir uns zuvor die Zeit im angrenzenden Spa- Bereich. Sommerliche Temperaturen und eine Liege im Schatten waren dabei die erste Wahl, um eine Mütze Schlaf nachzuholen. Ausgeschlafen und frisch gestylt legten wir dann am Nachmittag unsere „Ausgehsachen“ an – soweit dies mit unseren Travelklamotten überhaupt möglich war, denn Casinobesuch Nr. 2 stand auf dem Programm. Wie wir später feststellten, wurde jedoch nur Wert auf  geschlossene Schuhe gelegt. Nach einigen Stunden im „Venetien“ sowie im „Galaxy“ stand auch die Ausbeute dieses Tages fest: Nix verloren, aber auch nix gewonnen. Den nächsten Morgen füllten wir nochmals mit einigen Stunden im Spa – Bereich, bevor wir auscheckten und zum Fährterminal fuhren. Von dort aus setzten wir zu unserem nächsten Ziel über – Hong Kong, gut 75 Schiffsminuten von Macau entfernt. Übrigens, Macau hat auch eine nette kleine historische Altstadt zu bieten. Ein Besuch soll sich lohnen. Wir haben es diesmal leider nicht geschafft.

Die Frage, „Ob Hong Kong eine Reise wert ist“ muss sich jeder selbst bei einem Besuch beantworten und fällt wahrscheinlich, je nach den persönlichen Vorlieben, unterschiedlich aus. Wir meinen ja, werden es aber mit Hong Kong künftig so wie mit „Fliegenpilzen“ halten. Unser Hostel – wir haben ihm diesen Kosenamen gegeben – befand sich an einer belebten Straße – der Kings Road auf Hong Kong Island. Mit 22 Stockwerken war das Haus mit unserer Unterkunft eher klein als groß und stand im Schatten der Wohnblocks der gegenüberliegenden Straßenseite. Wir checkten ein und bekamen unser Doppelzimmer präsentiert. Aaahhha. Unsere versteinerten Mienen ähnelten in etwa dem Gesicht, das Samantha von „Sex in the City“ zieht, wenn`s jemand mal wieder nicht auf die Reihe bekommt. Naja, dachten wir, mit ein wenig Akrobatik wird`s schon irgendwie werden. Die zu Hostels umgebauten Wohnungen bieten eigentlich nur kleinen Zwergen richtig Platz. Aufgrund des knappen Raumangebotes und den damit einhergehenden horrenden Mieten bleibt den Menschen hier, also auch den Hostelbetreibern, keine andere Möglichkeit. Jeder Quadratzentimeter muss genutzt werden – in unserm Fall, um Geld zu verdienen. Selbst wenn wir durch das kleine „Guckloch“ namens Fenster in unserer Wand schauten, bekamen wir nur einen Schacht zwischen zwei Häuserwänden zu Gesicht. Beugten wir uns ganz nah an die Scheibe und schauten nach oben konnte wir erahnen, wo in etwa der Himmel war. Auch die Toiletten- /Duschkombination machte es uns nicht einfacher. Den gefühlten Quadratmeter betrat man am besten rückwärts, erledigte dann alles, um im Anschluss, nach dem Öffnen der Faltschiebetür, wieder in die „Living-Area“ zu fallen. Sehr gewöhnungsbedürftig. In den Hausfluren des Gebäudes durften sich die Maler mal so richtig auslassen. Dunkelgrauer Sockel unten, etwas heller bis in Kopfhöhe und dann dunkelweiß. Einzige Ausnahme – die Eingangstür zu unserer Hostelwohnung – sie war gelb.

Das Leben in der Stadt spielt sich hauptsächlich auf der namensgebenden Insel Hong Kong sowie auf der gegenüberliegenden Seite in Kowloon ab. Aufgrund der orografischen Besonderheiten des gesamten Gebietes war man gezwungen den wenigen zur Verfügung stehen Raum vollständig und effektiv zu nutzen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass alle Gebäude der Stadt den Wolken entgegenstreben und die weltbekannte Skyline von Hong Kong bilden. Was von weiten einen wunderschönen Blick offeriert und täglich die Kulisse für unzählige Touristenfotos ist, stellt sich bei näherer Betrachtung schon mal als sehr erdrückend heraus. Vor allem die sehr vielen älteren Wohnhochhäuser vermitteln einen recht trostlosen Eindruck. Zur Platznot in der Stadt noch ein Beispiel, was jeden Sonntag zu beobachten ist. An diesem Tag haben nämlich die Hausmädchen und Nannis Hong Kongs frei. Da man sich ja nicht „zu Hause“ mit seinen Freunden treffen kann, wird die Innenstadt belagert. Zunächst wunderten wir uns, warum auf sämtlichen Plätzen, Fußgängerbrücken und Unterführungen so viele Menschen saßen, die ihren Bereich mit Karton abgegrenzt hatten und aßen, Karten spielten, sich unterhielten oder schliefen. In einem Bus bekamen wir die Antwort darauf, als eine Engländerin ihren Kindern, die sich auch die Frage gestellt hatten, die Erklärung gab.

Das geschäftige Treiben auf den Straßen Hong Kongs scheint in einer Endlosschleife zu hängen. Ohne Unterlass quält sich der motorisierte Verkehr die Straßen auf und ab, immer auf der Suche nach der nächsten freien Lücke im Verkehrsdschungel. Auf den recht engen Bürgersteigen geht es zu wie im Taubenschlag – Gedrängel allenthalben – Körperkontakt garantiert. Von den Häusern herab tropft es aus tausenden Klimaanlagen auf den Gehsteig und engt den spärlich vorhandenen Raum noch weiter ein. Die feuchtwarme Meeresluft mischt sich in den engen Straßenschluchten zu einem Gemenge aus Abgas und Düften verschiedenster asiatischer Speisen und gibt so dem Menü Hong Kong eine ganz eigene Würze.

Es ist recht anstrengend sich im Zentrum der Stadt zu bewegen, sowohl auf Hong Kong Island als auch in Kowloon. Das Leben auf der Straße ist von Hektik geprägt. Die gegenseitige Rücksichtnahme im Stadtleben geht nahe null. Man wird oft angerempelt, was scheinbar zum guten Ton gehört. Ströme von Menschen eilen über Fußgängertrassen zum nächsten Fähranleger oder zur Metro. Natürlich könnte man sagen, typisch Großstadt – aber irgendwie ist es hier anders. Da es im Zentrum kaum Ruhezonen gibt, fehlen die kleinen Oasen zum verschnaufen. Und so steht man häufig bei einer kleinen Pause irgendjemand im Wege und rückt von einer Seite zur Anderen. Eines sei aber angemerkt, auch wenn es auf Dauer stressig ist, es herrscht Leben in der „Bude“ und gibt jedem Besucher die Möglichkeit für urbane Beobachtungen jeglicher Art. Dennoch ist uns bewusst, dass es bestimmt noch wesentlich unangenehmere Orte diesbezüglich gibt. Warten wir mal Indien ab.

Natürlich gibt es auf Hong Kong auch Areale die weniger frequentiert sind und etwas mehr Freiraum bieten. Auf der Rückseite der Hong Kong Insel läuft das Leben etwas gemächlicher ab. Neben ausgedehnten „grünen Bereichen“ kann man dort sogar einen gar nicht so schlechten Strand finden. An den steilen Hängen dieser Inselseite liegen jede Menge Villen und luxuriöse „Edificios“ und lassen erahnen wer hier zu Hause ist. Die Promenade von Stanley lädt täglich zum Flanieren ein. Dem äußeren Anschein nach zwar etwas altbacken bietet sie aber dennoch eine Abwechslung zu den ansonsten überfüllten zugebauten Stadtzentren. Ein weiteres wirklich lohnenswertes Ziel zum Entspannen ist der „Victoria Peak“ mit seinen 552 Metern über der Stadt. Natürlich ist der „Peak“ ein absoluter Touristenmagnet und wird jeden Tag von tausenden Menschen aufgesucht. Trotzdem findet man auf den unzähligen Wegen im Umfeld des Gipfels ruhige Plätze, die einen spektakulären Blick auf die Stadt erlauben. Zu erklimmen ist der „Peak“ sowohl mit einer „Schweizer Standseilbahn“ – der traditionelle Weg, als auch mit dem Bus – die günstigere aber nicht minder spektakuläre Möglichkeit. Wer ganz viel Zeit hat kann natürlich auch laufen und spart noch mehr.
Um einen Blick von Meereshöhe aus auf die Stadt zu erhaschen, bietet sich eine Fahrt mit der Fähre zwischen Kowloon und Hong Kong an. Für kleines Geld gibt es dabei einen Panoramablick zu beiden Seiten. Eine ebenfalls ganz eigene Sicht auf die Stadt bekommt man von der Straßenbahn aus geboten, die auf der Hong Kong Insel verkehrt. Die „Doppelstocktram“ fährt dort entlang der Hauptstraße und gibt so interessante Einblicke auf das wuselige Treiben in den Straßen ohne darin zu versinken.

Dem Thema „Shopping in Hong Kong“ möchten wir auch noch ein paar Zeilen widmen. Nach ausgiebigen Tests sind wir dabei zur Erkenntnis gelangt, dass es sich im Großen und Ganzen nicht lohnt. Warum? In den meisten Shopping Centern sind größtenteils nur Luxusmarken zu finden, die für „Ottonormalbürger“ kaum in Frage kommen. In den „gängigen“ Geschäften bekommt man hauptsächlich alle Sachen, welche auch in Europa zu finden sind, zu ähnlichen Preisen. Nimmt man gelegentliche Schnäppchen mal aus, kommt man einfach nicht auf den sprichwörtlichen „grünen Zweig“. In den angepriesenen „Outlets“ Hong Kongs fanden wir nur „Ramsch“ zu überteuerten Preisen. Unser Tipp: Zwölf Stunden weiter in Richtung Osten fliegen und ein Outlet in Kalifornien besuchen. Übrigens auch in China sind die „Markensachen“ nicht billiger, sondern eher noch teurer, allerdings nur, solang man das Original möchte. Kopien sowie die gar nicht so schlechten Eigenmarken gibt es hingegen zu günstigen Preisen.

Was können wir für uns resümieren. Hong Kong ist genau eine Reise wert. Das „Highlight“ der Stadt ist aus unserer Sicht der Blick vom „Peak“ auf sie herunter. Zum längeren verweilen finden wir es einfach zu eng, zu stressig und zu laut. Es stellte sich bei uns kein „Wohlfühlklima“ ein. Daher bleibt „Singapur“ weiter unser Favorit unter den Metropolen in Asien. Wie so oft im Leben – alles reine Geschmackssache.

In diesem Sinne bis zum nächsten mal

Liebe Grüße eure zwei Weltreisenden

Angie & Thomas