Location: schon in Hong Kong
Wetter: heiß und schwül
Zeitunterschied: + 6 Std.
Nach fast 18 Stunden Sitzmarathon im Zugabteil war Laufen eine willkommene Abwechslung, um unsere müden Knochen wieder in Gang zu bringen. Soweit die Theorie – nachdem wir den gut gekühlten Zug verlassen hatten, hielt uns die Hitze Guilins in ihrem Würgegriff und ließ den Weg zum Hostel noch länger werden als er eh schon war. Guilin – das nette Städtchen am Li-Fluss im Süden Chinas ist allen Chinesen durch zwei landwirtschaftlich reizvolle Gebiete im direkten Umfeld bekannt. Zum einen befinden sich im Süden die wunderschönen Karstberge entlang des Li-Rivers bis hin zur Stadt Yangshou, zum anderen sind nördlich von Guilin die berühmten Reisterrassen von „Longsheng“ zu finden.
So wie der Teufel das Weihwasser scheut, so meiden wir es Touren über Veranstalter zu buchen. In Mangel an wirklichen Alternativen mussten wir diesmal aber auf eine solche zurückgreifen, um uns die schöne Landschaft bis nach Yangshou vom Fluss aus anschauen zu können. Am nächsten Morgen war es dann soweit. Ein Bus stand bereit und mit gut 40 weiteren Reisenden wurden wir zum Bootsanleger am Li-Fluss gefahren. Wie befürchtet wurde es nun ziemlich voll. Eine Schar von „Bamboobooten“ legte am Ufer an, um alle Traveler aufzunehmen. Soweit so gut; bis zu diesem Punkt funktionierte alles noch. Bei der Einteilung der Passagiere auf die Boote unterlief dem Guide der entscheidende Fehler – er hatte vergessen, dass all seine Landsleute immer in der ersten Reihe sitzen wollen. Ein munterer „Run“ auf die erste Sitzbank der Boote setzte ein. Mit der für Chinesen typischen Methode „Ellenbogen raus und wegschieben“ sicherten sich die Einheimischen die begehrten Plätze. Als wir das Boot mit unserem Gepäck erreichten, sonnte sich bereits ein chinesisches Pärchen in Reihe Eins im Antlitz ihres Erfolges. Kein Problem für uns – wir gönnen euch das. Nach einiger Zeit begann aber langsam die Mittagssonne auf der Haut zu schmerzen. Da sich der Start der Tour ebenfalls weiter verzögerte, setzte sich in Reihe Eins langsam die Einsicht durch, dass es doch nicht so toll ist ganz vorn zu sitzen. Man versuchte die Bank nach hinten zu verrücken – funktionierte aber nicht, da unser Gepäck aufgestapelt im Weg lang. Nachdem man uns das Anliegen über den Guide mitgeteilt hatte, durften wir sowie ein weiteres Pärchen das komplette Gepäck neu positionieren, sodass China vor einem Sonnenbrand geschützt war. Kaum war dies erledigt, folgte aber die unerwartete Katastrophe. Die Wasserschutzpolizei wollte heute nur Boote mit maximal 4 Personen fahren lassen. Vier, fünf, sechs…zwei Personen mussten also unser Boot verlassen. In unserem Fall gab es da nicht viel zu überlegen – ehe wir und das Pärchen hinter uns das Boot mit je zwei Rucksäcken pro Person verlassen, darf das chinesische Duo ohne Gepäck wechseln. Man sträubte sich mit Händen und Füssen und diskutierte bestimmt 10 Minuten mit dem Reiseleiter. Nichts half und so musste man mit zerknirschtem Gesicht den Rückzug antreten.
Gefühlte einhundert Boote nahmen dann Kurs auf Yangshou. Die Landschaft entlang des Flusses stellte sich als wirklich wunderschön und sehenswert heraus. Mit etwas Mühe war es auch möglich, ein Bild der Landschaft ohne die Herde an Booten zu machen. Alles verlief gesittet bis wir den nächsten Hafen erreichten. Nun wurde es wieder hektisch, galt es doch mal wieder die besten Plätze im Bus zu besetzen. Wir ersparen uns nähere Details.
Yangshou, die kleine Stadt inmitten der Karstberge, platzt regelmäßig jede Urlaubssaison aus allen Nähten. Um dem Touristenstrom ein wenig aus dem Wege zu gehen, planten wir nur eine „touristische Veranstaltung“ ein – den obligatorischen Besuch der „Liu Sanjie –Light Show“. Diese wirklich wunderschöne Lichtshow wird jeden Abend in einer Open Air Veranstaltung zwischen den Karstbergen am Li-Fluss vorgeführt und erzählt Geschichten über das Leben der Menschen am Fluss. Auch bei dieser Veranstaltung wurden wir wieder mit den etwas seltsamen Verhaltensweisen der Einheimischen konfrontiert. Der Großteil des Publikums war mehr mit Gesprächen untereinander, Telefonaten und Handyspielen beschäftigt, als dass sie der Vorführung folgten. Aus unserer Sicht geht es den Chinesen nicht so sehr darum die Veranstaltung zu genießen, sondern einfach dort gewesen zu sein, um das „Highlight“ danach auf der Urlaubsliste abhacken zu können. Natürlich verließ ein Großteil der chinesischen Besucher auch schon 10 Minuten vor Schluss die Ränge – Richtig… wer die besten Plätze im Bus haben will, muss rechtzeitig losgehen. It`s the law.
Unsere Reise führte uns am übernächsten Tag nach Guilin zurück. Nach einer Nacht im Hostel starteten wir am darauffolgenden Morgen mit dem Bus zu den Reisterrassen von „Longsheng“. Die letzten Meter bis zu unserem Hostel quälten wir uns Seit an Seit mit einem Maultier den Berg hinauf. Auch er sah nicht gerade glücklich aus mit bestimmt 50 kg Steinen für ein neues Haus auf seinem Rücken. Im Gegensatz zu ihm hatten wir im Anschluss erstmal Pause und konnten die Beine auf unserer Terrasse lang machen.
Alle Berglandschaften dieser Erde haben eins gemein – „Willst du Sie von oben sehn, musst du erst nach oben gehn“. Der Schweiß lief in Strömen als wir den höchsten Punkt unseres Dorfes Ping`an erreichten. Der Ausblick entschädigte dann aber für alles. Unter uns bauten sich auf voller Breite unzählige Stufen an Reisterrassen auf. Im frischen Grün konnte man den Eindruck bekommen, dass selbst Mutter Natur keine bessere Idee für diese Landschaft hätte haben können.
Recht früh, es war so gegen halb sieben, klingelte unser Wecker am nächsten Morgen und erinnerte uns daran, dass es heute ein straffes Programm zu absolvieren galt. Der Weg sollte uns von Ping`an nach Dazhai führen, immer an den berühmten Reisterrassen entlang.
Irgendjemand hatte ein bisschen geflunkert, der Reiseführer, das örtliche Tourismusbüro oder die anderen Traveler…flache Strecke immer an den wunderschönen Reisterrassen entlang??? Es war ein anstrengender fünfstündiger Fußmarsch, Treppen hoch und runter, oft führte er durch den Wald und gegen Ende verlief die Route oberhalb von Reisterrassen entlang. So kommen wir der Wahrheit etwas näher. Mit gut durchbluteten Beinen traten wir die Rückreise nach Guilin an, wo wir am Abend den Nachtzug nach Guangzhou bestiegen.
Gelegentlich schlagen sich fehlende Sprachkenntnisse bis auf den Magen durch, zumindest dann wenn der Hunger groß, das Vermögen die chinesische Speisekarte zu lesen aber gleich null ist. Auch in Guangzhou begleitete uns dieses Problem am ersten Abend. Nach etlichen Versuchen uns der einheimischen Küche zu nähern, fanden wir letztendlich doch noch ein Restaurant mit einem „Demogumminudelmenü“ in der Auslage und konnten ordern. Generell ist es schwierig sich auf ein paar Essen in China „einzuschießen“, da in jeder chinesischen Provinz unterschiedlich gekocht wird und völlig andere Vorlieben herrschen. Neben kulinarischer Unterhaltung stand in Guangzhou auch wieder einmal ein wenig „Sightseeing“ auf dem Programm, soll heißen, dass wir einfach mal durch die Stadt gefahren sind, um uns umzuschauen. Herausragend und das nicht nur im wörtlichen Sinne ist dabei der „Canton Tower“ mit seinen 600 Metern Höhe. Der einst höchste Fernsehturm der Welt stellt mit seiner einzigartigen Bauweise (Betonkern mit einer verdrehten Rohrkonstruktion darüber)ein Symbol für den rasanten wirtschaftlichen Fortschritt in der Region dar. Zu Fuße des Turmes auf der anderen Seite des Perlflusses erstreckt sich das neue Businessviertel Guangzhous entlang einer riesigen Flaniermeile. Wie in jeder größeren Stadt Chinas gibt es auch hier keinen Mangel an genügend Konsumtempeln, denn shoppen ist für die Stadtbevölkerung ein absolutes „muss“. Da Chinesen gern zeigen was sie haben, bestehen die Shopping Center zu 50 % aus Premiummarken, die sich jeder Deutsche scheuen würde zu tragen, um nicht den Neid seines Umfeldes auf sich zu ziehen. Der Chinese kauft dort ein und träg dann stolz die „Armani“ Tüten nach Hause. Umso mehr, umso besser.
Zum Thema „sehenswert“ zählen wir ebenfalls die Errungenschaften im Bereich Infrastruktur. Wer einmal die Möglichkeit haben sollte den Südbahnhof von Guangzhou anzuschauen, wird verstehen was wir meinen. Er mutet wie ein hypermoderner Flughafen an und auch die Reiseabläufe stehen dem in nichts nach. Auf den Gleisen stand dann zu unserer Überraschung ein französischer „TGV“ Schnellzug. Das Nachbargleis hielt die deutsche Konkurrenz besetzt – ICE III. Unser TGV surrte los. Kein Gewackel wie man das aus deutschen Zügen so kennt, nein, mit Tempo 200 ging es in Richtung Zhuhai.
Das kleine etwas ruhigere Städtchen an der Küste mit seinen 2 Millionen Einwohnern ist auch Heimat von Katie und ihrer Familie, welche wir beabsichtigten am Wochenende zu besuchen. Gleich nach unserer Ankunft konnten wir uns alle gemeinsam erstmal in einem Restaurant stärken. Ein typisches muslimisches Restaurant einer Minderheit aus dem Osten Chinas. Sehr beliebt bei den Chinesen. Wir können dem nur zustimmen – köstliche Küche. Am Abend führte uns Katie dann noch ein wenig an der Promenade von Zhuhai entlang, von wo aus man einen schönen Blick auf die Stadt sowie das benachbarte Macau ergattern konnte. Authentisch chinesischen Lifestile konnten wir in Zhuhai ebenfalls schnuppern, denn untergebracht waren wir bei Katies Mutter in einem mehrstöckigen chinesischen Wohnhaus – gar nicht so schlecht wie man meinen könnte… und sehr spannend für Langnasen wie uns. Am nächsten Morgen ging es dann früh aus den Betten. Katie wollte uns doch ihre nette Stadt zeigen. Eigentlich gibt es in Zhuhai nicht die riesen Attraktionen. Vielmehr lebt die Stadt von ihrer Lage am Meer und jeder Menge Naturoasen zum Entspannen. Nachdem wir tagsüber die Stadt ausgiebig besichtigt hatten, besuchten wir am Abend noch den Yuanmingyuan-Kulturpark – einen Nachbau aus der Hauptstadt in typisch altchinesischer Ausführung. Neben typischen Theateraufführungen aus der Qing-Dynastie wohnten wir dort auch einem „Bierfest“ bei, welches durch eine japanische Brauerei gesponsert wurde. Die ganze Veranstaltung wurde durch ein reichhaltiges Kulturprogramm untermalt was speziell auf die chinesischen Vorlieben zugeschnitten war, aber auch uns gefiel.
Mit einem Besuch auf der vorgelagerten Insel Dong‘ao am nächsten Tag beendeten wir unseren schönen zweitägigen Besuch bei Katie und ihrer lieben Familie. Am Abend brachte uns Katie dann mit ihrer Tochter Sophie zur Grenze nach Macau, wo wir uns schweren Herzens verabschiedeten. Nicht nur von Zhuhai waren wir begeistert; wir haben dort auch neue Freunde gefunden, denn Katie und ihre Familie nahmen uns sehr liebenswert auf und versüßten uns ein weiteres Mal den Aufenthalt in China. So konnten wir nicht nur viel über das Leben in China erfahren, sondern auch mal wieder in einem für uns fremden Land aktiv daran teilhaben, uns die köstliche Küche ohne Verständigungsprobleme schmecken lassen und viele Fragen stellen. Danke liebe Katie, Sophie und Grandma! Wir sehen uns ganz bestimmt wieder…irgendwann…irgendwo.
Bis zum nächsten Mal
Eure zwei Weltreisenden Angie & Thomas
Hello Angie and Thomas,
This is Katie Deng, whom you met in Lijiang, Yunnan and Zhuhai, Guangdong in 2011. I am living in Canada now. How are you doing? Where are you now? What are you doing? I can’t read German.
I miss you so much.
All the best
Katie Deng